Vamos, Klimagerechtigkeit jetzt!
09.12.2022 I Der Bau-und Holzsektor ist zentral für das Erreichen der globalen Klimaziele, sagt Ambet Yuson, Generalsekretär des globalen Gewerkschaftsnetzwerks Bau- und Holzarbeiter-International. Der Umbau zu einer nachhaltigen Zukunft werde nur gelingen, wenn klar ist, dass die Beschäftigten dabei wichtige Akteure sind und keine potenziellen Opfer.
Die Mitglieder der Bau- und Holzarbeiter-Internationale (BHI) spielen eine zentrale Rolle: Von der Gewinnung von Baumaterialien in Steinbrüchen und Wäldern bis zum Bau von Infrastrukturen oder großen Gebäuden besetzen sie die gesamte Wertschöpfungskette eines Sektors, der eine entscheidende Rolle in der Klimakrise spielt – trägt er doch mehr als 40 Prozent zu den Gesamtemissionen von Treibhausgasen bei. Bei der Herstellung insbesondere von Zement entsteht CO2, ebenso beim Bauen selbst. Und zugleich verbraucht die Branche jede Menge Holz, sodass die Wälder – die Lungen des Planeten – weiter schrumpfen, anstatt zu wachsen.
Wegen dieses gewaltigen Beitrags können wir aber umgekehrt auch Teil der Lösung sein. Ohne uns kann der Übergang zu einer kohlenstoffarmen und klimaresistenten Welt nicht gelingen. Nur wir können die Energieeffizienz von Gebäuden verbessern, die Wälder nachhaltig bewirtschaften und den Klima-Fußabdruck von Materialien verringern. Wenn wir saubere Energieinfrastrukturen installieren, stärken wir die Widerstandsfähigkeit von Städten und Gemeinden und bauen sie in Krisenzeiten wieder auf.
Unsere Industrien haben mit den Anpassungen und mit alten Problemen zu kämpfen. Aber die Unternehmen kommen nicht darum herum, innovative Lösungen zu finden, wie sie den Ausstoß von Treibhausgasen verringern können. Denn sauberes Bauen ist heute – nicht zuletzt wegen der Klimaziele auf internationaler, regionaler und nationaler Ebene – eine globale Forderung. Und tatsächlich werden neue und umweltfreundlichere Technologien und Materialien entwickelt. Grüner Zement wird als ein wichtiges Element der Dekarbonisierung in der gebauten Umwelt vermarktet. Nachhaltige Waldbewirtschaftung und Zertifizierungssysteme, die die Rechte der Arbeitnehmer_innen berücksichtigen, gewinnen durch Verpflichtungen und Maßnahmen von Wirtschafts-, Umwelt- und Sozialakteuren an Zugkraft.
Doch jenseits der Hochglanzbroschüren, politischen Bekundungen sowie technologischen Innovationen müssen vor allem auch die Arbeitnehmer_innen berücksichtigt werden. Denn das Fundament der planetarischen Nachhaltigkeit ist Klimagerechtigkeit. Deshalb hat Klimagerechtigkeit auch für die BHI in den kommenden Jahren oberste Priorität. Das hat unser Weltkongress Anfang Oktober 2022 bekräftigt.
Das sieht so aus: Wir wollen den Arbeitnehmer_innen eine stärkere Stimme verschaffen und die Interessen und Ideen der Gewerkschaftsbewegung vorantreiben. Die BHI und ihre Mitgliedsorganisationen müssen dazu mit Wissen und Kapazitäten ausgestattet werden, um in den Klimadiskursen eine Rolle zu spielen. Ein wichtiger Ansatzpunkt sind die Beschäftigungsbedingungen.
Outside WM: Wanderarbeiter_innen brauchen immer und überall eine starke Stimme I Foto: ILO (CC BY-NC-ND 2.0)
In zu vielen Staaten – seien es Entwicklungs- oder Industrieländer – ist die Bauwirtschaft von prekärer Arbeit geprägt. Arbeitgeber nutzen den unsicheren Status von Wanderarbeiter_innen, um sie auszubeuten und Standards zu untergraben. Unter solchen Bedingungen kann jede Änderung in der Arbeitsorganisation und die Einführung jeder neuen – auch ökologischen – Technologie auf Kosten der Arbeitnehmer_innen gehen, Arbeitsplätze kosten, Defizite bei menschenwürdiger Arbeit verfestigen.
Die Herausforderungen der globalen Erwärmung bieten eine Chance, den Ausbeutungswettbewerb zu durchbrechen. Der Übergang muss genutzt werden, um die Zukunft der Arbeit genauso positiv zu beeinflussen wie die Stabilität und Nachhaltigkeit der Industrie. Der Erfolg des Sektors und seiner Klimabemühungen hängt von hochqualifizierten, qualifizierten und motivierten Arbeitnehmer_innen ab, die stolz auf ihre Berufe und auf ihre Arbeit sind. Die BHI ist der Ansicht, dass die Arbeitnehmer_innen weitergebildet werden müssen, um diese neuen Herausforderungen zu bewältigen. Zugleich muss im Rahmen eines gerechten Übergangs ein sozialer Schwerpunkt gesetzt werden, um sicherzustellen, dass auch alle entlassenen Arbeitnehmer_innen Rechte, sozialen Schutz, neue Ausbildungsmöglichkeiten und gute Beschäftigungsalternativen haben.
Die BHI hat gezeigt, wie das gehen kann: Wir arbeiten mit den Stadtverwaltungen an Maßnahmen, die die Emissionen aktiv verringern. Diese »C40-Cities-Initiative« fördert die Zusammenarbeit zwischen den Regierungen und den beiden Seiten der Industrie beim sauberen Bauen und wird zu einer qualitativ hochwertigen Bauweise mit guten und sicheren Arbeitsplätzen beitragen.
Wir engagieren uns laut im Umfeld der Weltklimakonferenzen, so dass die Akteur_innen in der Klimapolitik nicht an den Gewerkschaften vorbeikommen. Wenn die globale Erwärmung bekämpft werden soll, müssen die Arbeitnehmer_innen zu Akteur_innen und nicht zu Opfern werden. Die Gewerkschaften sollten sich an der politischen Entscheidungsfindung beteiligen und ihr Fachwissen auf globaler, nationaler, Branchen- und Unternehmensebene einsetzen.
Die gleiche globale Solidarität, die es der Welt ermöglichen wird, den Anstieg der Temperaturen zu bremsen, sollte sie selbst auch gerechter und integrativer machen. Bei der Rettung des Planeten geht es auch um die Zukunft der Arbeit und der Arbeitnehmer_innen.
Der Autor: Ambet Yuson stammt von den Philippinen und ist Generalsekretär des globalen Gewerkschaftsnetzwerks Bau- und Holzarbeiter-Internationale (BHI), die 12 Millionen Arbeiter_innen repräsentiert. Im Oktober 2022 wurde er in Madrid auf dem 5. Weltkongress im Amt bestätigt.