
News September 2023
Überfälliges Bekenntnis: DGB lobt Fachkräfte-Einwanderungsgesetz
Der Deutsche Bundestag hat im Juli die Reform des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes beschlossen. Es sieht vor, dass ausländische Fachkräfte leichter einreisen können – unter anderem über ein Punktesystem und die so genannte Chancenkarte. „Endlich bekennt sich Deutschland dazu, ein Einwanderungsland zu sein“, sagte dazu die DGB Vorsitzende Yasmin Fahimi. Es würden „vernünftigerweise Hürden abgebaut für Fachkräfte und Ausbildungswillige, die wir dringend brauchen“. Mit dem Spurwechsel für bereits hier lebende Zugewanderte gebe es „endlich mehr Fairness“. Klar sei aber auch, dass damit die Integrationsaufgabe unserer Gesellschaft nicht abgeschlossen sei, so Fahimi. „Behörden müssen viel unterstützender aktiv sein. Und unsere Gesellschaft darf Rassismus nicht als harmloses Gerede abtun.“ Es sei bekannt, dass unter anderem die Westbalkanregelung häufig zu Ausbeutung und prekären Lebensverhältnissen geführt habe. „Mit der zusätzlichen kurzzeitigen Kontingentierung und Saisonbeschäftigung ohne Sozialversicherungspflicht geht ein großes Risiko einher, dass sich das wiederholt.“ Um die getroffenen Sanktionen auch zur Wirkung kommen zu lassen, müssten umgehend wirksamere Kontrollen her, so die DGB Vorsitzende.
Überfällige Modernisierung: Neue HBS-Studie zu Sozialversicherung und Entsendung
Die EU muss die soziale Absicherung grenzüberschreitend mobiler Beschäftigter sicherstellen. Doch bis heute gibt es kein einheitliches Sozialrecht. Stattdessen soll die Koordinierung der Sozialversicherungssysteme garantieren, dass Sozialversicherungsansprüche wie Arbeitslosen-, Gesundheits- und Familienleistungen über Grenzen hinweg gelten. Das funktioniert aber nur sehr begrenzt – besonders missbrauchsanfällig ist der Sozialversicherungsschutz und der Austausch von Sozialdaten. In einer Studie hat die Hans-Böckler-Stiftung nun untersucht, welche Reformen nötig wären, um Sozialversicherungsdaten sicher und wirksam auszutauschen. Unter anderem sollte der Europäische Sozialversicherungsausweis (ESSPASS) als Teil der Europäischen digitalen Identität (EUiD) ausgestaltet und mit der so genannten A1-Bescheinigung verknüpft werden. Sowohl Arbeitnehmende wie auch Arbeitgebende müssten eindeutig identifizierbar sein, ebenso wie auftraggebende Unternehmen. Hierzu biete sich unter anderem die Europäische Sozialversicherungsnummer an.
Nur „Bevölkerungsberuhigung“: GdP gegen mehr Grenzkontrollen
Die GdP hat die Forderung der Ministerpräsidenten aus Hessen und Bayern nach bundesweiten Grenzkontrollen klar abgelehnt. „Grenzkontrollen sind im Kern weiße Salbe zur Bevölkerungsberuhigung“, sagte GdP-Vize Sven Hüber der Bild am Sonntag. Stattdessen müsse „massiv“ gegen Schleuserbanden vorgegangen werden.
GEW kritisiert EU-Asylreformen
Die GEW hat den Asylkompromiss der EU scharf kritisiert. „Die Abschottungspläne an den EU-Außengrenzen sind inhuman, sie unterhöhlen das Recht auf Asyl und missachten die Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen“, sagte die GEW-Vorsitzende Maike Finnern. Sie kritisierte insbesondere die geplanten Grenzverfahren unter haftähnlichen Bedingungen, bei denen Familien mit Kindern nicht ausgenommen worden seien. Geflüchtete in Lagern unterzubringen, um Asylverfahren zu beschleunigen und diese vermehrt zurückzuweisen, indem die Zahl der so genannten sicheren Drittstaaten erhöht wird, verkenne die Not der Flüchtenden und die besondere Schutzbedürftigkeit der Familien mit zum großen Teil traumatisierten Kindern. Dies solle abschrecken und die Push-Back-Praxis an den EU-Außengrenzen legitimieren. „Diese Politik wirkt Fluchtursachen nicht entgegen, begünstigt vielmehr das Schleppersystem auf unsicheren Fluchtrouten“, sagte Finnern.
Migrationsabkommen: Verhandlungen mit sechs Staaten
Die Bundesregierung verhandelt mit mindestens sechs Staaten über neue Abkommen zur Steuerung von Migration. „Genannt werden können aktuell Gespräche in Georgien, Moldau, Usbekistan, Kirgisistan sowie Vorbereitungen für Gespräche in Kenia und Marokko“, sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums Mitte August dem Tagesspiegel. Georgien und Moldau hätten „Priorität, weil wir hier sofort irreguläre Migration reduzieren könnten und sich beide Länder Partnerschaften wünschen“, so der Sonderbevollmächtigte für die Migrationsabkommen, der FDP-ler Joachim Stamp. Zehn Prozent der abgelehnten Asylanträge kommen aus diesen beiden Ländern. In der Vergangenheit hatte Deutschland ähnliche Abkommen, die teils auch Erleichterung für die Zuwanderung von Fachkräften bringen sollten, mit über einem Dutzend Staaten abgeschlossen.
ETUC veröffentlicht Globalen Rechteindex
Der Internationale Gewerkschaftsbund ITUC bewertet jährlich Länder anhand ihrer Einhaltung kollektiver Arbeitnehmendenrechte. Die jüngste Auswertung zeigt: in jeder Region der Welt hatte die globale Lebenshaltungskostenkrise Rechtsverletzungen als Folge. Unter anderem verletzten neun von zehn Länder das Streikrecht – neben Togo oder Iran wurden auch in Spanien oder Kanada Beschäftigte aufgrund von Streiks strafrechtlich belangt oder entlassen. In 44 Ländern waren Arbeitnehmer_innen Gewalt ausgesetzt. Als schlimmste Länder für Erwerbstätige gelten unter anderem Ägypten und Bangladesch aufgrund repressiver Gesetze und Hindernisse bei Gewerkschaftsgründungen.
www.globalrightsindex.org/de/2023
Mehr Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte
Seit Anfang 2022 werden immer häufiger Flüchtlingsunterkünfte aus politischen Gründen angegriffen. Die Zahl der Überfälle, Anschläge, Sachbeschädigungen und tätlichen Angriffe nahm kontinuierlich zu. Das sagte die Bundesregierung in einer Antwort auf eine Anfrage der Linksfraktion. Im ersten Halbjahr 2023 sind demnach 80 politisch motivierte Straftaten bekannt geworden. Davon seien 74 Straftaten mutmaßlich rechten Tatverdächtigen zuzuordnen, die übrigen ordnete die Polizei den Bereichen „religiöse Ideologie“ oder „ausländische Ideologie“ zu. Im ersten Halbjahr 2022 hatte die Polizei 52 politisch motivierte Straftaten gegen Flüchtlingsunterkünfte registriert. Allein im zweiten Quartal 2023 wurden bei den verübten Straftaten insgesamt 39 Personen verletzt, darunter vier Kinder. „Es ist alarmierend, dass Menschen, die hier Schutz suchen, so häufig Gewalt, Anfeindungen und Ausgrenzung erfahren“, sagte die fluchtpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Clara Bünger. Sie warf AfD, CDU und CSU vor, mit „verbalen Angriffen auf das Recht auf Asyl“ den Boden für „rassistische Mobilisierungen“ gegen Geflüchtete zu bereiten.
SVR Integrationsmonitor Kita
Der Sachverständigenrat für Integration und Migration (SVR) hat Maßnahmen gegen die anhaltende Benachteiligung von Kindern mit Zuwanderungsgeschichte gefordert. „Kinder, die erst kurz vor der Einschulung systematisch mit der deutschen Sprache vertraut gemacht werden, haben bei Schulbeginn nicht dieselben Startchancen wie andere Kinder“, sagte Mohini Lokhande, wissenschaftliche Mitarbeiterin beim SVR. Familien mit Zuwanderungsgeschichte würden teils von den Kitas bei der Platzvergabe benachteiligt. „Hinzukommt: Sozial benachteiligte Eltern, zu denen in Deutschland weiterhin überproportional viele Familien mit Migrationshintergrund gehören, stehen vor dem Problem, dass sie die Kosten für einen Kitaplatz oft nicht aufbringen können und die Formalitäten zur Beantragung kompliziert erscheinen.“ Der SVR präsentierte im August den neuen „Integrationsmonitor Kita“. Zehn Jahre zuvor – am 1. August 2013 – wurde der Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz für Kinder nach vollendetem ersten Lebensjahr eingeführt. Seither habe sich viel beim Ausbau, der Förderung und Sprachbildung für Kinder mit Zuwanderungsgeschichte getan, so der SVR. „Die Richtung stimmt grundsätzlich, aber die hohen Inventionen kommen nicht in ausreichendem Maß bei diesen Kindern an“, heißt es in dem Bericht. „Damit die Kita zum Integrationsmotor wird, muss an vielen Stellen noch umgesteuert werden.“ Lokhande forderte, die Nachteile im Zugang abzubauen. „Solange das bestehende Angebot aber hinter den Bedarfen zurücksteht, könnte überlegt werden, ob die Sprachdiagnostik frühzeitiger stattfindet und Kindern mit Sprachförderbedarf dezidiert eine Förderung in einer Kita angeboten wird.“
Entnommen aus Forum Migration September 2023