
Transformation – Gewerkschaft: In ständiger Mission fürs Klima
Seit ihrer offiziellen Gründung 2016 suchen die Klimagewerkschafter_innen immer wieder die Auseinandersetzung in ihren Organisationen. Obwohl sie offiziell nur wenige sind, haben sie Etappenziele auf dem Weg hin zu einer sozial-ökologischen Transformation erreicht.
»Ein solidarisches Verhältnis zur Klimabewegung und das Engagement für Klimaschutz« zeichne die Klimagewerkschafter_innen aus, sagt Helmut Born, der mit Beatrix Sassermann die »Gewerkschafter und Gewerkschafterinnen für den Klimaschutz« im Sommer 2016 gegründet hat. Damals führten Vertrauensleute von ver.di und IG BCE eine Kampagne gegen die Klimaschützenden und Anwohner_innen im Rheinischen Revier, die für das Ende der Kohle stritten. Ihr Vorwurf: Der Kohleausstieg gefährde Arbeitsplätze. Der Plan: das in Erkelenz-Lützerath stattfindende Klimacamp zu stören. Mehrere Gewerkschafter_innen widersprachen und riefen demonstrativ dazu auf, sich im Gegenteil an diesem Camp zu beteiligen. Diesen Aufruf unterzeichneten rund 90 Gewerkschafter_innen deutschlandweit, bei ver.di, IG BCE, GEW oder IG Metall, in der Gewerkschaftslinken sowie von LabourNet Germany. Ihre Argumentation: Braunkohletagebaue und Kohleverstromung sind Klimakiller, das Rheinische Revier gilt als größte CO2-Quelle Europas.
Vor allem die ver.di-Mitglieder unter den so entstandenen »Klimagewerkschafter_innen« wollten den Beschluss ihrer Gewerkschaft vom März 2016 umgesetzt sehen. Dieser sah vor, schnellstmöglich aus der Kohle auszusteigen.
Inzwischen haben Born und Sassermann, der einstige Kaufhof-Betriebsrat und ver.di-Landesbezirksvorständler Nordrhein-Westfalen, sowie die ehemalige IG BCE-Betriebsrätin bei Bayer Wuppertal, die nun aber seit etlichen Jahren im ver.di-Fachbereichsvorstand Bildung und Wissenschaft ist, ein Netzwerk aufgebaut. Kommuniziert wird über einen E-Mail-Verteiler. Aktuell umfasst er rund 100 Adressen.
Im März 2017 gab es eine Art konstituierendes Treffen, auf dem auch ein Selbstverständnis formuliert wurde: »Klimagerechtigkeit bedeutet, sowohl die Interessen der Beschäftigten, der Anwohner als auch die der globalen Umwelt zu berücksichtigen«, heißt es darin unter anderem. Eine formale Mitgliedschaft in der Initiative gibt es nicht. Damals zählten sich offiziell rund 20 Menschen dazu, zehn davon seien tatsächlich aktiv gewesen, sagt Born, der sich inzwischen bei den ver.di-Senior_innen engagiert.
Anfangs seien auch einige Mitglieder aus der GEW und der IG BCE dabei gewesen. Gerade letztere seien aber gewerkschaftsintern und durch den Arbeitgeber unter Druck gesetzt worden. Heute kommen die meisten Klimagewerkschafter_innen aus dem Rheinland und mehrheitlich aus ver.di. Die Aktiven kennen sich untereinander persönlich.
Die Treffen finden eher unregelmäßig statt, etwa ein- bis zweimal im Monat, anlassbezogen in Wuppertal, Köln oder Düsseldorf. Aktuell gibt es nur Video-Konferenzen.
Eine zentrale Frage ist: Wie wirken wir in unsere Gewerkschaften hinein? Bislang geschieht das auf verschiedenen Ebenen – etwa über Anträge zum Bundeskongress 2019. Da forderten sie einen Beschluss für einen schnellstmöglichen Kohleausstieg, den Erhalt des Hambacher Forsts, einen sozialverträglichen Strukturwandel im Rheinischen Revier und den Beitritt zum internationalen gewerkschaftlichen Netzwerk Trade Unions for Energy Democracy (TUED). Trotz heftiger Diskussionen wurden die Anträge angenommen. Diese Beschlüsse zeigen, dass die Klimagewerkschafter_innen von unten etwas bewegen können.
Auf dem online-Infodienst LabourNet berichten Beatrix Sassermann und Helmut Born unermüdlich über die Treffen der Klimagewerkschafter_innen, aber auch über Meldungen aus den Gewerkschaften und der Klimabewegung. Die Initiative ist mit der ver.di-Linken NRW, der Kolumbiensolidarität, unterschiedlichen Gruppen der Klimabewegung und mit dem globalisierungs- und kapitalismuskritischen Netzwerk Attac vernetzt, mit dem sie im Januar 2020 in Köln einen Klimakongress veranstaltet haben. In der Vernetzung von Gewerkschafter_innen und Klimabewegten sehen die Klimagewerkschafter_innen ihre zentrale Aufgabe.
Bei einer Video-Versammlung Anfang Oktober beschlossen sie einzufordern, dass die Beschlüsse des ver.di-Bundeskongresses 2019 eingehalten werden. Zwar hat ver.di einen Tarifvertrag Kohleausstieg mit RWE unterzeichnet, der sozialverträgliche Maßnahmen für die Mitarbeitenden enthält, doch weiterhin lässt der Energiekonzern die bei den Tagebauen gelegenen Dörfer abbaggern, der Hambacher Wald ist durch bergbauliche Maßnahmen immer noch massiv bedroht.
Die fehlende Kritik ver.dis an RWE ist für Born deshalb »ein Armutszeugnis für eine Gewerkschaft, die vorgibt, sich für die Umsetzung der Vorgaben der Pariser Klimakonferenz einzusetzen«. So schreibt er bei Sozonline.
Autorin: Kathy Ziegler ist seit 2018 Klimagewerkschafterin und bei der Klima AG im ver.di-Bezirk Köln-Bonn-Leverkusen
Info: https://www.labournet.de/branchen/energie/klima/gewerkschafterinnen-fuer-klimaschutz/
November/2020