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Das Stuttgarter Mode- und Lifestyleunternehmen Breuninger hat eine Ver.di-Betriebsrätin fristlos gekündigt, weil sie während einer Betriebsausschusssitzung ein angeschaltetes Handy „verdeckt platziert“ hatte. Der 23-köpfige Betriebsrat, der der Kündigung zustimmte, besteht neben fünf seit Mai 2010 dort vertretenen Ver.di-Betriebsräten ansonsten überwiegend aus AbteilungsleiterInnen. Ein klassisches Beispiel von Betriebsratsmobbing und Behinderung von Betriebsratsarbeit? Ver.di-Sekretärin Christina Frank bezeichnete die Aktion als Bestandteil einer „Zermürbungsstrategie gegen Ver.di-Mitglieder im Breuninger-Betriebsrat“.
Was bisher geschah: Im Mai 2010 wurden erstmals fünf Ver.di organisierte MitarbeiterInnen in den Betriebsrat gewählt, der bis dahin überwiegend aus AbteilungsleiterInnen bestanden hatte. Schon die Wahlen waren, wie Frank gegenüber der Stuttgarter Zeitung berichtete, nicht ordnungsgemäß verlaufen: Urnen waren nicht versiegelt, Briefwahlunterlagen wurden zu früh geöffnet. Dem neu gewählten 23-köpfigen Betriebsrat hätten bei 3500 MitarbeiterInnen sechs Freistellungen zugestanden. Eine Freistellung wäre dabei der Ver.di-Liste zugesprochen worden. Der Betriebsrat in seiner Gesamtheit schloss jedoch schnell eine Betriebsvereinbarung, in der auf drei Freistellungen verzichtet wurde. Die später gekündigte Betriebsrätin bzw. ihre Liste klagte vor dem Arbeitsgericht gegen dieses Vorgehen.
Am 01. September fand nun eine Betriebsausschusssitzung statt. Die Tagesordnung könnte unspektakulärer nicht sein: Begrüßung, Aktuelles, Anregungen aus dem Betriebsrat und Verschiedenes. Der besagten Betriebsrätin war offenbar das eingeschaltete Handy in ihre Unterlagen gerutscht. Dies fiel nach einer Stunde auf, und sie beendete eine Verbindung, die nach ihrer Aussage aus Versehen bestanden hatte.
Für die „BetriebsratskollegInnen“ war das ein gefundenes Fressen. Sie informierten die Unternehmensleitung über den „Eklat“, der sich in der Betriebsausschusssitzung ereignet hatte. Diese bezeichnete den Vorfall in einer Presseerklärung als „offenkundigen Lauschangriff“, deren „Ziel die Ausspähung von internen Betriebsangelegenheiten“ gewesen sei. Das Unternehmen sprach der Betriebsrätin die fristlose Kündigung aus.
Ver.di-Sekretärin Christina Frank bezeichnete den Vorwurf als „absurd“. Sie begleitete nach eigenen Angaben die „geschockte Betriebsrätin“ zum Personalgespräch bei Breuninger. Die Betriebsrätin habe erklärt, dass sie niemanden abgehört habe und bemühe sich währenddessen bei der Telefongesellschaft um die Verbindungsdaten. Das Haus Breuninger sei nicht an einer sachlichen Aufklärung, sondern nur an einer fristlosen Kündigung interessiert, schätzte Christina Frank die Lage ein. "Die Kollegin soll doch so rasch wie möglich aus dem Unternehmen rausgeworfen werden", sagte sie laut den Stuttgarter Nachrichten.
Weil doppelt besser hält und die Geschäftsleitung vermutlich die Absurdität des Lauschangriffsvorwurfs selbst erkennt, hat sie gleich noch einen drauf gelegt. Die Betriebsrätin erhielt eine zweite fristlose Kündigung. Grund dafür sei der dringende Tatverdacht auf eine Straftat, so das Unternehmen. Die Betriebsrätin soll angeblich eine falsche Formulierung in der eidesstattlichen Versicherung abgegeben haben, mit der sie die Freistellung begehrt. Es handelt sich um eine kleine Unklarheit im Zusammenhang mit der eingereichten Fraktionsliste.
Unter dem Artikel der Stuttgarter Nachrichten hat inzwischen eine lebendige Diskussion begonnen, bei der Außenstehende und Insider ihrem Ärger über den Vorfall Luft machen können. „Wir sehen nicht tatenlos zu“, kommentierte Christina Frank das Vorgehen von Breuninger. LeserInnen dieses Artikels sind herzlich eingeladen, dies auch nicht zu tun.
afuh
Textquellen:
Stuttgarter Nachrichten Teil 2
Bildquelle:
Handytastatur / @bot / aboutpixel.de
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