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„Früher hieß es Fordern und Fördern, heute heißt es arm trotz Arbeit“, stellte Christine Zumbeck, Leiterin des Geschäftsbereichs Betriebsratsqualifizierung, in ihrer Eröffnungsansprache des 5. Fachforums für Betriebsräte im Tagungszentrum Hamburg-Sasel fest. Dass auch heute noch die KonjunkturexpertInnen gefragt seien, das Wort hätten in der Öffentlichkeit, ohne selbst die Krise vorausgesehen, geschweige denn davor gewarnt zu haben, wundert sie sehr.
Trotz der dunklen Wolken am Konjunkturhimmel sollten Betriebsräte sich die Chancen nicht nehmen lassen, die sich in ihren Unternehmen böten, das Problem anzufassen. Vernetzung und Zusammenhalt sind einige Kernbegriffe, die gute Voraussetzungen böten, den Problemen ins Auge zu sehen und sie anzugehen.
Referent Michael Schlecht, ver.di wipo, begann sodann mit seinem Vortrag, der wenig Anlass bietet, auf einen wirtschaftlichen Aufwärtsgang in absehbarer Zeit zu hoffen. Zu extrem hätten Produktionsländer wie Deutschland, Japan und China auf den Export gesetzt. Die importierenden Nationen wie die USA hätten nicht etwa ebenso exportiert, sondern sich immer mehr verschuldet. Diese Verschuldungsblase sei nun geplatzt, und das nicht nachhaltige Exportmodell könne sich dadurch nicht einfach erholen.
- keine U-Krise, sondern eine L-Krise -
Michael Schlecht vermutet, dass diese Krise keine U-Krise sein wird, eine Krise, nach der es in absehbarer Zeit wieder aufwärts gehen wird, sondern er befürchtet, dass es sich um eine L-Krise handelt, bei der dem Abwärtsgang bestmöglich eine Gerade folgt.
Dem Aufschwung der letzten Jahre seien außerdem keine höheren Löhne gefolgt. Das habe einen fatalen Effekt. Über viele Jahre, wenn Löhne in Aufschwungsphasen mit anstiegen, habe dies einen erhöhten Konsum bzw. eine erhöhte Binnennachfrage mit sich gebracht. Da diesmal mit der Aufschwungsphase von 2004 – 2006 keine Lohnerhöhungen einhergingen, ArbeitnehmerInnen ohne Tarifvertrag sogar durchschnittlich 8 % Realeinkommenseinbruch hatten, sei die Binnennachfrage im Keller geblieben.
Nun zu sagen, nur die USA seien schuld, und Deutschland habe doch seine wirtschaftliche Situation in den letzten Jahren so sehr nach vorne gebracht mit Leiharbeit, Minijobs und einem ausgebreiteten Niedriglohnsektor, sei blanker Zynismus.
- Die Reichen sollen die Zeche zahlen -
„Zu einer Lösung dieser Krise in den Betrieben bleibt euch keine Chance“, desillusioniert Michael Schlecht. „Die alten Verhältnisse auf Basis des nicht nachhaltigen Exports lassen sich nicht wieder herstellen“. Er sieht aber Chancen in einem Zukunftsinvestitionsprogramm zur Steigerung der Binnennachfrage. Positive Änderungen könnten sein, Verbandsklagemöglichkeiten für Gewerkschaften, mehr Auftragsvergaben durch den Staat und die Schaffung neuer Arbeitsplätze, die nicht auf Export ausgelegt sind. Und wer soll die Zeche zahlen? Michael Schlecht hat eine kühne Antwort parat: Das sollen die Reichen und Vermögenden bezahlen, so wie es der damalige amerikanische Präsident Franklin Roosewelt 1936 gemacht habe. Ver.di habe dazu eine ganz klare ausgearbeitete Position.
von afu