Migrierter Inhalt
Bernt Kamin-Seggewies nimmt kein Blatt vor den Mund. Woher ein Unternehmen kommt ist ihm egal. Wichtig ist der Umgang mit den Arbeitern, und der hängt von deren eigener Stärke ab. Das sieht man in Rotterdam, wo Chinesen den Hafen gekauft haben, sagt Kamin. Der Vorsitzende des Hamburger Gesamthafenbetriebsrats ist stolz auf den Erfolg, mit dem Hafenarbeiter in ganz Europa eine Richtlinie der EU-Kommission abgewehrt haben.
Danach hätten Reeder zum Entladen die Seeleute einsetzen können. Denen sei der Schreck in die Glieder gefahren, als es Arbeitsverweigerungen in 14 Ländern gleichzeitig gab, freut sich Kamin. Vorerst ist das "Port Package" vereitelt. "Wie stark wir wirklich sind, wissen die ja nicht", schmunzelt der Gewerkschafter, der in seinem Betrieb auch im Vorstand sitzt. Der Gesamthafenbetrieb beschäftigt 1300 Arbeiter, die je nach Bedarf im Hafen eingesetzt werden.
Bernt Kamin ist gelernter Schiffbauer und hat in den achtziger Jahren als Schauermann auf polnischen, tschechischen oder iranischen Schiffen gearbeitet. Engagiert in der Friedensbewegung, half er damals beim Aufbau einer Druckerei in Nicaragua.
Solche Erfahrungen will er weiter geben: Mit Zuschuss vom Betrieb fahren alle zwei Jahre Lehrlinge nach Mittelamerika, damit sie die Arbeitsbedingungen kennen lernen. Etwa zehn Wochen im Jahr ist er selbst unterwegs, um die Probleme der spanischen Docker zu erkunden oder in Südafrika über AIDS zu diskutieren. Kamin vertritt für ver.di den Verkehrsbereich bei der Internationalen Transportarbeiterföderation. Häfen schaut er sich auch im Urlaub an - selbst wenn die bewaffnet bewacht werden, wie ein neuer Containerhafen in Guatemala. "Was dort gebaut wird, dient unseren Bedürfnissen nach Waren", hat er gesehen. "Arbeitsplätze für Guatemalteken schafft das nicht".
In Guatemala wurde Anfang des Jahres ein Gewerkschaftsführer der Hafenarbeiter von Todesschwadronen erschossen. Er hatte sich gegen die Privatisierung von Hafenanlagen eingesetzt. Kamins Kollegen in Hamburg sammelten Geld für seine Familie. Sie kennen das Problem. Auch in Hamburg haben sie die Privatisierung des Hafens zurückgedrängt. Vorerst.
Sigrid Thomsen