Sri Lanka ohne USAID: Rückschlag für die Gewerkschaftsarbeit

02.05.2025 I US-Präsident Donald Trump stutzt die Entwicklungsfinanzierungsagentur USAID radikal zusammen. Das trifft auch Sri Lankas Gewerkschaftsbewegung schwer. Wo sollen so schnell neue Geldquellen erschlossen werden?
Der Schock reicht bis weit nach Südasien: „Mit einer Entscheidung in diesem Umfang hatten wir nicht gerechnet“, sagt Manoranjan Pegu, Experte für Arbeitnehmendenrechte und Soziale Bewegungen. Er arbeitet beim Solidarity Center in Sri Lanka – und spricht über die Kürzung von Entwicklungsgeldern aus den USA. Wie massiv die Folgen im Einzelnen seien, lasse sich mit Stand Ende März noch nicht genau sagen, erklärt Pegu. Bei einigen Organisationen habe die USAID-Unterstützung größere Teile ihres Budgets ausgemacht. Da reiße der Ausfall dieser Zuschüsse riesige Lücken. „Auch wir haben schon Leute entlassen müssen. Betroffen sind weite Teile der Zivilgesellschaft.“
Die United States Agency for International Development – so der volle Name hinter dem Kürzel USAID – besteht seit 1961 und gehört zu den größten Entwicklungsfinanzierern weltweit. Formal ans Außenministerium angedockt, arbeitete die Behörde bis 2024 mit größerer Autonomie und war mit Nothilfe, eigenen Projekten und Förderprogrammen in unzähligen Ländern des Globalen Südens aktiv – inhaltlich von Klimawandel-Anpassung bis medizinische Versorgung.
Viele Organisationen der Zivilgesellschaft, darunter gewerkschaftliche Initiativen, wussten diese Hilfe zu schätzen. Doch dem neuen US-Präsidenten Donald Trump ist solche „Geldverschwendung“, wie er es sieht, ein Dorn im Auge. Ende Februar hatte er deshalb, schon kurz nach Amtsantritt, die Zerschlagung der Agentur verkündet. Der als Berater für Effizienzsteigerung engagierte Tech-Milliardär Elon Musk, Trumps Mann fürs Grobe beim Kahlschlag in regierungsamtlichen Strukturen, bezeichnete USAID sogar als „kriminelle Organisation“. Tausende Mitarbeitende in den USA erhielten ihre Entlassungspapiere.
Weltweit sind dadurch laut der Informationssammlung auf https://www.usaidstopwork.com/ bereits über 171.000 Jobs bei 145 Partnern weggefallen. Obwohl ein Bundesrichter im März die geplante vollständige Abwicklung der Behörde zunächst als verfassungswidrig stoppte, bleiben die Kürzungen – etwa 83 Prozent des Budgets.
» Geförderte Projekte sind essenziell, um gewerkschaftliche Organisation zu stärken und für würdevolle Arbeitsbedingungen zu kämpfen. «
Manoranjan Pegu, Solidarity Center
In Sri Lanka geht es den Gewerkschaften wie in anderen Ländern Südasiens: Bislang gibt es kaum alternative Finanzierungsquellen. Das Solidarity Center, für das Pegu seit rund zweieinhalb Jahren koordinierend tätig ist, ist auch in Bangladesch, Nepal, Kambodscha, Thailand und den Philippinen aktiv. Von sieben Büros sind einige schon ganz geschlossen, andere von drastischen Einsparungen betroffen. In Sri Lanka, wo das Center zu 90 Prozent Partner aus der Gewerkschaftsbewegung unterstützt, belaufen sich die Reduzierungen laut vorläufigen Schätzungen auf etwa 60 Prozent. „Ich glaube nicht, dass es in absehbarer Zeit möglich sein wird, diese Ausfälle durch andere Quellen zu ersetzen“, sagt Pegu.
Die Kürzungen betreffen eine Vielzahl von Projekten in unterschiedlichen Sektoren gewerkschaftlichen Engagements. Besonders schlimm sei das, weil es sich zumeist um kleinteilige Strukturen handle, die ohnehin unter schwierigen Bedingungen arbeiten. Als Beispiel nennt der Experte die Gewerkschaft der Hausangestellten, die sich dafür einsetzt, dass diese endlich offiziell in den Geltungsbereich des Arbeitsrechts aufgenommen werden. Denn das würde bedeuten, dass sie als reguläre Beschäftigte mit Grundrechten und Anspruch auf bestimmte Sozialleistungen anerkannt wären.
Im Pflegebereich müsse ein Projekt schließen, das erst seit drei Monaten laufe, und auch im Textilsektor oder auf den Teeplantagen werde gewerkschaftliches Engagement mit der Trump-Entscheidung massiv zurückgeworfen, betont er. „Ohnehin sind in Sri Lanka nur etwa zehn Prozent aller Beschäftigten organisiert“, erklärt er. Eine Zahl, die sich mit dem deckt, was das in Pakistan angesiedelte Center for Labour Research (CLR) in einer Untersuchung 2022 ermittelt hatte. Gerade deshalb, unterstreicht Pegu, seien geförderte Projekte so essenziell, um gewerkschaftliche Organisation zu stärken und für würdevolle Arbeitsbedingungen zu kämpfen.
Im Inselstaat, der sich erst mühsam von der schlimmsten Wirtschaftskrise seit der Unabhängigkeit 1948 erholt hat, kommt die radikale Bremse der USAID-Mittel noch zu einem besonders ungünstigen Zeitpunkt. Zwar gilt die neue Regierung unter dem linken Präsidenten Anura Kumara Dissanayake als sozialer als ihre Vorgänger. Aber immer noch fordert der Internationale Währungsfonds (IWF) mit seinen Sparauflagen strukturelle Veränderungen. „Im weiteren Erholungsprozess nach der Krise geht es um inklusiven Wandel, der die Arbeitenden und ihre Rechte nicht außen vor lässt. Das sind Diskussionen und Kämpfe, die einen langen Atem brauchen“, sagt der Koordinator des Solidarity Center. Weder seine Organisation noch die einzelnen Gewerkschaftspartner hätten nennenswerte Rücklagen, um die entstandenen Finanzierungslücken abzufangen.
Autor: Thomas Berger