Aus den Projekten: Geringere Kosten, leichter verfügbares Material
17.12.2021 I Von jetzt auf gleich digital: Das ist für die gewerkschaftliche Bildungsarbeit eine Herausforderung, aber auch eine Chance. Das Bildungswerk Bund des DGB und die Internationale Vereinigung für Arbeitnehmerbildung wollen Multiplikator_innen deshalb fit für Online-Aktivitäten machen.
Mit dem Vordringen der Corona-Pandemie zerstoben unzählige Projekte der gewerkschaftlichen Bildungsarbeit auf der ganzen Welt. Präsenzveranstaltungen und Reisen waren nicht mehr möglich. Und so wichen auch Gewerkschafter_innen auf digitale Möglichkeiten aus. Das bedeutete allerdings vor allem: viel wurde improvisiert. Die Internationale Vereinigung für Arbeitnehmerbildung (IFWEA) und das Bildungswerk des DGB wollen zu einem systematischen Vorgehen beitragen und haben deshalb eine digitale Fortbildung für Multiplikator_innen auf den Weg gebracht.
Melanie Julie ist E-Learning-Entwicklerin bei der IFWEA und hat das erste Training mitangeleitet, das kürzlich stattgefunden hat. Ziel sei, Gewerkschaftsausbilder_innen und Basisleiter_innen mit digitalen Werkzeugen und Methoden vertraut zu machen, um effektive Online-Gewerkschaftsaktivitäten während der Covid-19-Pandemie und darüber hinaus zu ermöglichen, sagt sie. An dem Kurs nahmen Interessierte aus drei globalen Gewerkschaftsverbänden – dem Public Services International (PSI), dem Internationalen Hausangestelltenverband IDWF und der IndustriALL Global Union – aus Afrika, Lateinamerika und Asien teil. »Es gab ein großes Interesse von Einzelpersonen aus verschiedenen Regionen auf der ganzen Welt«, so Julie. Weil nur 34 Interessierte aufgenommen werden konnten, wolle man den Kurs 2022 wieder anbieten.
Das Training ist auf neun Wochen angelegt. Die Teilnehmenden in der ersten Runde lernten, wie sie Online-Meetings, Online-Foren, Webinare, Studienzirkel, Online-Workshops oder Online-Kurse organisieren. Zweimal wöchentlich fanden Online-Workshops statt, bei denen auch Aufgaben besprochen wurden, die die Trainees aufbekommen und in Gruppen bearbeitet hatten. So sollten sie den gemeinsamen Umgang mit den verschiedenen digitalen Tools üben – dazu gehörten Google Meet, Zoom, Facebook Messenger und WhatsApp. »Diese Gruppenaktivitäten boten Teilnehmenden mit unterschiedlicher digitaler Kompetenz die Möglichkeit, voneinander zu lernen«, so Melanie Julie. Zum Abschluss veranstalteten die Teilnehmenden eigene Online-Aktivitäten. Sie konnten wählen, ob sie einen eigenen Online-Workshop, ein Webinar, einen Online-Studienkreis, ein Online-Forum oder einen Online-Kurs veranstalten möchten.
Eine der Teilnehmer_innen war Sandra van Niekerk von der PSI aus Südafrika. »Ich wollte mehr über Online-Schulungen und Online-Engagements zu Gewerkschaftsthemen erfahren«, sagt sie. »Ich wusste vorher nicht wirklich, welche Möglichkeiten es gibt.« Durch das Training lernte sie Tools kennen, die sie jetzt zum Einrichten etwa von Meetings, Foren und für die Online-Interaktion verwenden kann. »Ich lernte auch Werkzeuge kennen, um meinen eigenen Online-Kurs zu entwickeln«, sagt sie. Das finde sie sehr spannend. Schließlich werde Covid-19 nach den vergangenen zwei Jahren womöglich auch im kommenden Jahr Reisen verhindern. »Da ist es sehr wichtig geworden, die Online-Lernmöglichkeiten zu erkunden.«
Die Südafrikanerin hat bei dem Training einen Kurs zum Thema Öffentlicher Sektor und Klima entwickelt. Damit will sie vermitteln, warum es für Gewerkschaften wichtig ist, das Thema Klimawandel aufzugreifen. »Der Klimawandel wirkt sich auf die Arbeit der Beschäftigten des öffentlichen Sektors aus«, sagt sie. Etwa auf Helfer_innen, die bei extremen Wetterereignissen an vorderster Front stehen, oder auf Beschäftigte in der Wasser-, Strom-, Gesundheits- und Abfallwirtschaft. Außerdem seien auch weitere Kampagnenbereiche mit dem Klimawandel verbunden, auf die sich PSI konzentriert - etwa Steuergerechtigkeit, Schulden, Migration und hochwertige öffentliche Dienstleistungen.
»Bisher habe ich nur Pilotkurse durchgeführt«, sagt Sandra van Niekerk. Die Resonanz sei sehr positiv. Wahrscheinlich wird sie ihren Kurs künftig allerdings nicht als reines Online-Training anbieten, weil die Internetverbindungen in vielen afrikanischen Ländern einfach zu schlecht seien. »Wir müssen ihn als Hybridkurs durchführen – mit den online verfügbaren Materialien und Ressourcen, aber die Teilnehmenden treffen sich physisch«, sagt sie.
Sandra van Niekerk ist davon überzeugt, dass die in dem Training vermittelten digitalen Methoden der Gewerkschaftsarbeit neue Möglichkeiten eröffnen. »Material kann auf interessantere Weise schnell verfügbar gemacht werden«, sagt sie. Moderator_innen in unterschiedlichen Ländern können die gleichen Ressourcen nutzen, um ähnliche Workshops in verschiedenen Ländern durchzuführen. »Wir können mehr Leute für die Teilnahme an Kursen gewinnen, weil die Kosten geringer sind.«
Die Autorin: Anja Krüger arbeitet als Journalistin in Berlin.