
Sozialstaat profitierte von EU-Osterweiterung
2007 traten Rumänien und Bulgarien der EU bei. Doch erst sieben Jahre später, 2014, bekamen ihre Bürger_innen in der EU die volle Arbeitnehmer-Freizügigkeit. Wegen des enormen Lohngefälles – und weil es damals in Deutschland zunächst noch keinen Mindestlohn gab – fürchteten viele Masseneinwanderung und Lohndumping. Ein Bericht des Mediendienstes Integration zeigt nun: Die Befürchtungen bestätigten sich nicht. Der Gewinn für den Sozialstaat sei „deutlich größer als die Probleme”.
Aus beiden Ländern kamen viele Menschen nach Deutschland: Ende 2020 lebten rund 800.000 Rumän_innen und rund 390.000 Bulgar_innen hier. 2007 waren es aus beiden Ländern zusammen nur rund 130.000. Rumänien wird bald auf Platz 2 der häufigsten Herkunftsländer stehen. Sehr viele von ihnen fanden Jobs: Im September 2021 arbeiteten rund 460.000 Menschen aus Rumänien sozialversicherungspflichtig in Deutschland, aus Bulgarien waren es rund 170.000 – häufig in der Gastronomie, Landwirtschaft und auf dem Bau. Unter anderem arbeiten heute rund 5.000 rumänische Ärzt_innen in Deutschland, mehr als aus jedem anderen EU-Land. Aus prekären Arbeitsverhältnissen wurden im Laufe der Zeit vielfach reguläre Jobs. Die Beschäftigungsquote von Menschen aus den beiden Staaten stieg bis September 2021 auf 67 Prozent (2014: 35 Prozent) – und ist somit fast genauso hoch wie jene der deutschen Bevölkerung (69 Prozent) und höher als in den meisten anderen ausländischen Beschäftigten-Gruppen. Im September 2021 hatten 68.000 in Deutschland gemeldete Arbeitslose einen rumänischen oder bulgarischen Pass. Demgegenüber stehen 630.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte aus diesen Ländern. Die Arbeitslosenquote von 9,3 Prozent lag damit nur leicht über der Quote der Gesamtbevölkerung und niedriger als bei anderen ausländischen Beschäftigtengruppen. Und obwohl fast eine Million Menschen zuwanderten, blieb die Arbeitslosenquote aus den beiden Ländern in Deutschland nahezu gleich.
„Ein vergleichbar starker Anstieg der Beschäftigungsquoten wurde meines Wissens bislang in Deutschland in keiner anderen Bevölkerungsgruppe beobachtet, zumindest nicht in einem derart kurzen Zeitraum“, sagt Herbert Brücker vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung. „Aus ökonomischer Perspektive war die Einführung der Arbeitnehmerfreizügigkeit für die Bulgaren und Rumänen ein großer Erfolg.“
Entnommen aus Forum Migration Februar 2022