
"Sie kochen sicher den Kaffee?"
Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes (AdB) hat ihren Jahresbericht vorgelegt. Aus keinem Bereich hat sie mehr Beschwerden erhalten als aus dem Erwerbsleben.
Da ist zum Beispiel die Bauingenieurin aus Syrien, die von einem deutschen Bauunternehmen als Statikerin eingestellt wurde. „Zwei Kollegen aus einer anderen Abteilung haben mich lachend angesprochen und gefragt, ob ich in dem Unternehmen arbeite, um Kaffee zu kochen.“ Als sie ihnen gesagt habe, was ihr Beruf sei, hätten sie „noch lauter gelacht und gefragt, ob ich nach deutschen oder syrischen Standards arbeite.“ Oder der schwarze Friseur, der sich anhören muss, wie eine Kundin durch den Laden ruft: „Wo ist mein N*ger? Ich habe es am liebsten, wenn er mir den Kopf massiert!“ Es sind solche Fälle, mit denen sich die Antidiskriminierungsstelle des Bundes befasst. Im Jahr 2019 gingen 3.580 Anfragen bei der Stelle ein, die sich auf mindestens ein im AGG „geschütztes Diskriminierungsmerkmal“ bezogen. Zu diesen zählen ethnische Herkunft (1.176 Fälle), Geschlecht (1.029 Fälle), Behinderung (933 Fälle), Alter (441 Fälle), Religion (249 Fälle), sexuelle Identität (148 Fälle) sowie Weltanschauung (64 Fälle).
Am häufigsten wandten sich Beratungssuchende zu Benachteiligungen im Bereich des Arbeitslebens an die AdB. In 36 Prozent der Anfragen ging es um den Zugang zu Arbeit, Erlebnisse am Arbeitsplatz oder auf die Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses. Dabei verpflichtet das AGG alle Arbeitgeber_innen, eine betriebsinterne Stelle einzurichten, die jede Beschwerde zu prüfen hat. Mehr als 40 Prozent der Beschäftigten wissen laut AdB-Zahlen aber nichts von einer solchen Beschwerdestelle an ihrem Arbeitsplatz.
Die Arbeit der Beschwerdestellen zielt letztlich auf Ausgleich. In einem Fall etwa hatte sich eine Erzieherin muslimischen Glaubens bei einer katholischen Kita beworben. Diese bat das Erzbistum um Erlaubnis für die Einstellung – was dieses jedoch wegen des Glaubens der Bewerberin ablehnte. Doch Religionsgemeinschaften sind nach aktueller Rechtsprechung Grenzen gesetzt, bei welchen Tätigkeiten sie eine bestimmte Religionszugehörigkeit verlangen dürfen. Der AdB gelang es in diesem Fall, eine gütliche Einigung zu vermitteln. Der Erzieherin wurde von der Kita schließlich doch noch ein Arbeitsvertrag angeboten.
Jahresbericht der AdB: https://bit.ly/3fPz0im