
Populisten nicht mehr populär
Für Politiker_innen von der AfD, dem Rassemblement National in Frankreich, der Lega in Italien oder der FPÖ war es lange ausgemachte Sache: Der Zuwachs an Stimmen, den ihre Parteien in den vergangenen Jahren verzeichnet hatte, sei ein langfristiger Trend. Nicht erst seit den letzten Landtagswahlen in Deutschland aber zeigt sich: Das stimmt nicht. Von einer „Trendwende im Meinungsklima“ sprechen nun Forscher_innen der Bertelsmann-Stiftung und des Wissenschaftszentrums Berlin.
Laut ihrem „Populismus-Barometer“ sind der Umfang und die Intensität populistischer Einstellungen in Deutschland stark rückläufig. Dies betreffe vor allem die politische Mitte, heißt es in der Studie. Kehrseite dieser begrüßenswerten Entwicklung sei jedoch die Gefahr einer weiteren Radikalisierung am rechten Rand. Aktuell sind demnach nur noch etwa zwei von zehn Wahlberechtigten in Deutschland (20,9 Prozent) populistisch eingestellt. Das sind 11,8 Prozentpunkte oder etwas mehr als ein Drittel weniger als im November 2018 (32,8 Prozent).
Dass die Menschen nicht mehr so anfällig für populistische Parolen sind, ist demnach eine Entwicklung, die schon vor der Corona-Pandemie eingesetzt hat. Die Krise habe diese Wende in Deutschland zwar stabilisiert und leicht verstärkt. Der Corona-Effekt hat sie jedoch weder ausgelöst, noch war sie ihr alleiniger Treiber. Das war zum einen die nach 2018 „deutlich verbesserte und inklusivere Regierungsarbeit“, so die Studie. Auch die Verhetzung durch Stimmungsmache gegen Flüchtlinge verfängt nicht mehr so: Bei den Populisten nehme die „Effektstärke“ des Themas Migration ab, heißt es in der Studie. Migration bleibe auf der populistischen Agenda, aber im Vergleich zur Bundestagswahl 2017 etwas gedämpft. Das reduziere die Chancen, einen populistischen Wahlkampf ausschließlich auf die Mobilisierungschancen migrationsfeindlicher Positionen zu stützen. Dumpfe Migrationsfeindlichkeit wirke jedenfalls etwas weniger stark als bei der Bundestagswahl 2017. „Das Thema hat an Dringlichkeit verloren, sogar bei den Populisten”, so die Forscher_innen.
Populismus-Barometer 2020: https://bit.ly/2ZLhTZ7