News September 2021
Urteil in Niederlanden: Ungarische Fahrer haben Anspruch auf niederländischen Tariflohn
Zehn ungarische LKW-Fahrer, die in den Niederlanden für ein dortiges Logistikunternehmen gearbeitet haben, dürfen nicht nach ungarischem Tarif bezahlt werden. Das entschied nach jahrelangem Rechtsstreit nun der Oberste Gerichtshof. Die Fahrer waren bei einer ungarischen Firma unter Vertrag, die in Ungarn Sozialabgaben zahlte. Allerdings führten sie praktisch ausschließlich Fahrten durch, deren Start und Ziel der Fahrten auf dem Betriebsgelände der niederländischen Firma lagen. Von dieser kamen sowohl Planung und Aufträge, die Fahrer mussten dort Urlaub beantragen und bekamen auch von dort ihre Tankkarten, wie das Portal trans.info berichtet. Diese Umstände hätten die Niederlande zum „gewöhnlichen Arbeitsland” der Ungarn, gemacht, so das Gericht. Entsprechend sei niederländischer Tarif zu bezahlen. Die Spedition hatte die Ungarn 2014 entlassen und sich seither geweigert, die höheren Löhne nachzuzahlen.
Neue Broschüre: „Praxisleitfaden für EU-Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland”
Die rechtlichen Bedingungen zur Beschäftigung, etwa das Arbeitsrecht, sind in den EU-Mitgliedsstaaten unterschiedlich. Für Neuzugewanderte, die auf dem deutschen Arbeitsmarkt aktiv werden, ist es schwierig, diese zu überblicken und aktiv werden, wenn sie in ihren Rechten verletzt werden. Dazu soll sie eine neue Broschüre befähigen, die die Gleichbehandlungsstelle EU-Arbeitnehmer und des Berliner Beratungszentrum für Migration und Gute Arbeit (BEMA) herausgegeben haben. Aus der Beratungspraxis des BEMA sind dafür typische Fälle von Rechtsverletzungen mit entsprechenden Handlungsmöglichkeiten zusammengestellt worden. Es werden sowohl die Rechte wie der Anspruch auf die Bezahlung des Mindestlohns, als auch die einzelnen Schritte dargestellt, die Unionsbürger_innen gehen müssen, um im Streitfall ihr Recht auch zu bekommen.
Viele Tote im Mittelmeer – gerettete Flüchtlinge bekommen keine Zusage mehr aus Deutschland
Die Situation für Geflüchtete und Migrant_innen im Mittelmeer hat sich in den Sommermonaten verschärft. Allein im Juli ertranken nach Angaben der UN-Migrationsorganisation IOM 262 Menschen. Insgesamt starben von Januar bis Mitte August 2021 rund 1.195 Menschen im Mittelmeer. Private Rettungsschiffe wie die Ocean Viking und die Sea Watch3 konnten im August hunderte aufgenommene Schiffbrüchige erst nach tagelangem Warten in Sizilien an Land bringen. Unterdessen wies die Linken-Abgeordnete Ulla Jelpke darauf hin, dass Deutschland seit fast einem Jahr keine Schiffbrüchigen aus dem Mittelmeer aufgenommen hat. Die letzte entsprechende Zusage wurde im September 2020 erteilt. Von den 30 Geretteten sei bis heute jedoch niemand eingereist. „Es kann nicht sein, dass Menschen, die auf ihrer Flucht vielfach Unvorstellbares erlitten haben, trotz Aufnahmezusage durch Deutschland zum Teil über ein Jahr auf die Einreise warten müssen”, sagte Jelpke. Im Juli 2021 saßen noch gut 30 Prozent der 1.314 Personen, bei denen die Bundesregierung die Zuständigkeit für die Durchführung der Asylverfahren übernommen hat, in den Erstaufnahmeländern fest. „In Deutschland lehnt das BAMF die Asylanträge von aus Seenot Geretteten derweil reihenweise ab, nur rund 19 Prozent von ihnen erhalten einen Schutzstatus. Diese restriktive Praxis muss sich ändern“, so Jelpke.
EuGH-Urteil: Ausschluss von der Krankenversicherung für nicht-erwerbstätige EU-Bürger_innen ist europarechtswidrig
Beschäftigungslose haben im EU-Ausland das Recht, in das System der öffentlichen Krankenversicherung aufgenommen zu werden. Das urteilte der Europäische Gerichtshof (EuGH) zum Fall eines Italieners in Lettland, dem die dortigen Behörden die Aufnahme versagten, weil er weder Selbstständiger noch Beschäftigter in dem Land sei. Allerdings sehe das Unionsrecht „keine Verpflichtung zur unentgeltlichen Aufnahme vor“, heißt es im EuGH-Urteil.
Neue Online-Informationsangebote: Arbeits- und Gesundheitsschutz in der Landwirtschaft
Die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau bietet auf ihrer Homepage neue Infos in zehn Sprachen für Saisonarbeiter_innen an. In leicht verständlicher Form ist dort alles Wichtige zu Themen wie Notfällen, Corona oder Arbeitsschutz zusammengestellt.
Ein neues Erklärvideo des Landes Bayern geht auf Hygieneschutzmaßnahmen beim Einsatz von Saisonarbeitskräften ein.
Dublin-Regelung: Deutschland darf nicht mehr nach Italien abschieben
Über Italien eingereiste Asylsuchende dürfen nicht ohne weiteres dorthin zurückgeschickt werden. Das entschied nun das nordrhein-westfälische Oberverwaltungsgerichts. In Italien bestehe die „ernsthafte Gefahr einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung“. Bei den zwei verhandelten Fällen ging es um in Italien anerkannte Schutzberechtigte aus Somalia und Mali. Beide waren nach Deutschland weitergereist (Az.: 11 A 1674/20.A und 11 A 1689/20.A, Urteile vom 20. Juli 2021). „Beide Kläger haben für den Fall ihrer Rückkehr nach Italien keinen Zugang zu einer Aufnahmeeinrichtung und einer damit verbundenen Versorgung. Ihnen steht in Italien kein Recht mehr auf Unterbringung zu“, heißt es in der Begründung. Auch würden die Kläger bei der derzeitigen Arbeitsmarkt- und Wirtschaftslage in Italien keine Arbeit finden. Im Januar hatte das OVG bereits eine Rücküberstellung nach Griechenland durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge aus vergleichbaren Gründen untersagt.
Saisonarbeitskräfte und Corona: Neue Untersuchung der Uni Osnabrück
Zu Beginn der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 standen landwirtschaftliche Saisonarbeiter_innen für kurze Zeit stark in der öffentlichen Aufmerksamkeit. Ein neues Working Paper der Uni Osnabrück zeichnet nun nach, welche Verschiebungen es im Regime landwirtschaftlicher Saisonarbeit in Deutschland während der Pandemie gab. Diese Regulierung der Saisonarbeitsmigration funktioniere im Sinne einer „Just-in-Time-Migration”, so die Autorin Dorothea Biaback Anong, die auf die spezifischen Bedürfnisse der Landwirtschaft an niedrig qualifizierten Arbeitskräften ausgerichtet ist, die aber durch ihre Arbeit keine Ansprüche auf Sozialleistungen in Deutschland erwerben.
Webseite Faire Integration: Infos zu Rechten bei der Arbeit in Deutschland jetzt auch auf Spanisch
Die Webseite des DGB Projekts Faire Integration im Rahmen des IQ Netzwerkes bietet eine Übersicht aller wichtigen Fakten zu den Rechten ausländischer Beschäftigter in Deutschland – mit Stichworten von „Arbeitslosigkeit“ bis zu „Zwangsarbeit“. Ab sofort ist sie neben Deutsch, Englisch und Arabisch auch in spanischer Sprache verfügbar. Zudem wurde eine neue Sektion mit Infos zum Thema Kündigungsschutz ergänzt.
Entnommen aus Forum Migration September 2021