
News Juni 2021
Bundesagentur: Steigende Arbeitslosigkeit unter Migrant_innen nach Corona
Die Arbeitslosigkeit ist während des ersten Corona-Lockdowns unter Migrant_innen überdurchschnittlich gestiegen. Insbesondere Menschen aus den Asylherkunftsländern Afghanistan, Eritrea, Irak, Iran, Nigeria, Pakistan, Somalia und Syrien verloren während der Pandemie ihren Job. Das geht aus einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hervor. Demnach stieg die Arbeitslosenquote von Staatsangehörigen aus den wichtigsten Asylherkunftsländern im Dezember 2020 um 2,7 Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahresmonat. Bei den Deutschen war es ein Prozentpunkt. Unterschiede zeigten sich auch beim Homeoffice: Nur drei Prozent der Geflüchteten nutzten es während der Pandemie – bei anderen Gruppen ist es mehr als ein Drittel. „Insgesamt ist die sehr günstige Arbeitsmarktentwicklung bei den Migrantinnen und Migranten in den Vorjahren durch die Pandemie unterbrochen worden“, sagte IAB-Forscherin Lidwina Gundacker. „Geflüchtete haben häufig noch kurze Betriebszugehörigkeiten, arbeiten verstärkt in kleineren und mittleren Betrieben und sind überdurchschnittlich oft befristet und in der Arbeitnehmerüberlassung beschäftigt“, erklärt Herbert Brücker, Leiter des Bereichs Migration, Integration und internationale Arbeitsmarktforschung am IAB. Dies führte zu höheren „Entlassungsrisiken”.
Betriebsräte: Bundestag erleichtert Gründungen
Beschäftigte in Deutschland sollen künftig leichter Betriebsräte bilden können. Der Bundestag beschloss dafür im Mai das so genannte Betriebsrätemodernisierungsgesetz. Um den Schutz von Arbeitnehmer_innen zu erhöhen, verbessert dies den Kündigungsschutz bei Betriebsratsgründungen. Betriebsräte erhalten unter anderem mehr Mitsprache bei Weiterbildung. Für das Gesetz stimmten die Abgeordneten der Koalition und der Grünen, die Linke enthielt sich. AfD und FDP stimmten gegen das Gesetz. Dank des Betriebsrätemodernisierungsgesetzes werde es Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern „in vielen Betrieben leichter fallen, Betriebsräte zu bilden“, sagte der DGB Vorsitzende Reiner Hoffmann. Initiator_innen von Betriebsratswahlen seien nun besser vor ungerechtfertigten Kündigungen geschützt als vorher. Auch das neue Mitbestimmungsrecht bei der Ausgestaltung von Mobiler Arbeit und die erleichterte Hinzuziehung von externen Sachverständigen seien positiv zu bewerten.
https://www.dgb.de/betriebsraetestaerkungsgesetz
EU-Parlament: Arbeitsmigration in die EU soll einheitlich geregelt werden
Das Europaparlament hat sich für einen „Einwanderungskodex” ausgesprochen, der Vorschriften zu Einreise, Aufenthalt und Rechten von Menschen aus Drittstaaten regelt, die Arbeit in der EU suchen. Einen entsprechenden „Bericht über neue Wege der legalen Arbeitskräftemigration” des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres nahm das Parlament im Mai 2021 an. Der derzeitige rechtliche Rahmen zur Arbeitsmigration sei ein „Flickenteppich an Vorschriften, die auf 27 einzelstaatlichen Ansätzen beruhen”, weshalb die EU ein „unattraktives Ziel für die legale Migration” sei, heißt es in dem Bericht. Auch Vorschriften etwa zu Antragsverfahren, Ablehnungsgründen und dem Recht auf Wechsel des Arbeitgebers müssten angeglichen werden. Zudem solle ein „EU-Talentpool” und eine „Matching-Plattform” entstehen, um Angebot und Nachfrage passgenau zusammenzubringen. Diese sollten dann einzige Anlaufstelle für Arbeitskräfte aus Drittstaaten, Arbeitgeber und die Verwaltungen sein.
Sachverständigenrat: Hürden für Einbürgerung sind zu hoch
Der Sachverständigenrat für Integration und Migra-tion (SVR) hat Bund und Ländern empfohlen, die praktischen Hürden für die Einbürgerung zu senken. Einbürgerungsverfahren sollten bundesweit einheitlich und nutzerfreundlich gestaltet werden, schlägt das Gremium in seinem neuen Jahresgutachten vor. Nur in Dänemark, Österreich, der Slowakei und
Litauen würden EU-weit derzeit noch weniger Menschen durch Einbürgerung zu Staatsbürgern. 2019 ließen sich nur 2,5 Prozent derjenigen, die die Vo-raussetzungen dafür erfüllten, in Deutschland einbürgern. Viele Länder und Kommunen hätten mit gezielten Informationskampagnen und der Einführung von festlichen Einbürgerungszeremonien die Einbürgerungszahlen erhöht und „zeigen den Neubürgerinnen und Neubürgern, dass sie zu Deutschland gehören“, sagte der stellvertretende Vorsitzende Prof. Dr. Daniel Thym. In der Regel muss ein_e Ausländer_in heute acht Jahre warten, bis er/sie einen Antrag auf Einbürgerung stellen kann. Eine „Turbo-Einbürgerung“ sollte nach Ansicht des SVR bereits nach vier Jahren Aufenthalt ermöglicht werden, wenn ausländische Staatsangehörige besonders gut integriert sind, sehr gut Deutsch sprechen, ihren Lebensmittelpunkt eindeutig nach Deutschland verlagert haben, und wenn ihr polizeiliches Führungszeugnis einwandfrei ist.
„Fluchtursachen”-Expertenkommission: Bundesregierung soll „Rat für Frieden, Sicherheit und Entwicklung“ einrichten
Um Armut zu reduzieren soll Deutschland in Herkunfts- und Aufnahmeländern von Flüchtlingen den Aufbau von „anpassungsfähigen sozialen Sicherungssystemen“ vorantreiben. Das empfiehlt eine von der Bundesregierung 2019 eingesetzte Expertenkommission zur Minderung von Fluchtursachen. In der Entwicklungszusammenarbeit sei ein Schwerpunkt auf gute Bildung für Mädchen und Jungen zu legen, um ihnen berufliche Perspektiven zu ermöglichen. Zudem soll die Bundesregierung, eine „Allianz für Resettlement“ auf den Weg zu bringen, damit Industriestaaten ein bestimmtes Kontingent an anerkannten Flüchtlingen dauerhaft mindestens 0,05 Prozent der eigenen Bevölkerung pro Jahr neu aufnehmen. In Deutschland wären das 42.000 Menschen pro Jahr – deutlich mehr als derzeit. Die Einsetzung der Fachkommission Fluchtursachen hatten CDU, CSU und SPD in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart. Sie wurde geleitet von der Präsidentin des Deutschen Roten Kreuzes, Gerda Hasselfeldt und der ehemaligen Welthungerhilfe-Präsidentin Bärbel Dieckmann. Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) sagte: „Flüchtlingen helfen, Fluchtursachen weiter verringern und Perspektiven vor Ort schaffen – das bleibt eine humanitäre Verpflichtung und liegt letztlich auch in unserem eigenen Interesse.”
Bericht der Fachkommission Fluchtursachen
Öffentlicher Dienst: Widmann-Mauz gegen Quote
Die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, Widmann-Mauz, CDU, hat sich dafür ausgesprochen, mehr Menschen mit Migrationsgeschichte im öffentlichen Dienst einzustellen – will dafür aber keine konkrete Quote. „Ja, wir müssen vielfältiger werden, aber Quoten können in diesem Sinne nur das letzte Mittel sein, wenn andere Dinge nicht mehr wirken“, sagte Widmann-Mauz. Auf Bundesebene hätten nur 12 Prozent der Mitarbeiter_innen eine Migrationsgeschichte. „Wir haben hier klar Nachholbedarf und deshalb ist es sehr wichtig für die CDU, dass wir mit unseren Angeboten offener werden. Dass wir mehr Möglichkeiten der Mitwirkung schaffen.“
Entnommen aus Forum Migration Juni 2021