News Juni 2020
Bundesregierung: Über 100 rassistische Übergriffe in Corona-Krise
Während der Corona-Krise in den vergangenen Wochen sind nach Angaben von Staatsministerin Annette Widmann-Mauz (CDU) mehr als hundert Berichte über antisemitische und rassistische Übergriffe bei Opferberatungsstellen eingegangen. Das berichtet die Agentur EPD. „In der Corona-Krise werden Menschen beleidigt, bedroht, mit Desinfektionsspray besprüht und angegriffen“, sagte die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Die Angriffe richten sich gegen Jüdinnen und Juden, gegen Menschen, die als Asiaten gesehen werden, gegen alle Altersgruppen vom Kleinkind bis zur Rentnerin.“ Widmann-Mauz kündigte an, die Bundesregierung werde bis zum Herbst ein konkretes Maßnahmenpaket zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus vorlegen.
Italien: Papiere für Hunderttausende
Die Regierung in Rom will in der Corona-Krise den Aufenthalt Tausender Migrant_innen legalisieren, die aktuell ohne Papiere im Land arbeiten. Die Vereinbarung sei „ein Sieg für die Würde und den Respekt vieler Menschen“, die in sehr schwierigen Umständen lebten, sagte Agrarministerin Teresa Bellanova dem staatlichen Rundfunksender RAI. Profitieren von der Vereinbarung sollen Erntehelfer_innen, Hausangestellte und Pflegekräfte, die so besser vor Ausbeutung geschützt werden sollen. Italien fehlen wegen der Corona-Krise viele Saisonarbeiter etwa aus Rumänien oder Bulgarien. Erst vor Kurzem hatte die UN-Berichterstatterin für das Recht auf Nahrung, die Arbeitsbedingungen von Papierlosen in Italiens Landwirtschaft scharf kritisiert (Forum Migration 03/2020). Im April hatte Portugal in einer ähnlichen Regelung eine Corona-Amnestie für Menschen ohne Aufenthaltsrecht angekündigt.
Flüchtlingsheime: Weiter Proteste nach neuen Corona-Ausbrüchen
Das Flüchtlingshochkommissariat der Vereinten Nationen (UNHCR) hat die deutschen Behörden aufgefordert, mehr gegen Corona-Infektionen in Asyl- und Flüchtlingsunterkünften zu unternehmen. „Deutschland hat erfolgreich große Anstrengungen unternommen, um COVID-19 einzudämmen“, erklärte Frank Remus, Repräsentant des UNHCR in Deutschland. Zugleich zeigten aber Masseninfektionen in Asylunterkünften, „dass mehr getan werden muss, um diejenigen zu schützen, für die Abstands- und Hygieneregeln unter den dort gegebenen Bedingungen kaum praktizierbar sind“. In Bremen, Köln, Berlin und weiteren Städten protestierten antirassistische Gruppen gegen die Heimunterbringung. Zuletzt haben die Fälle von 165 Infizierten in einem Heim in St. Augustin bei Bonn Besorgnis ausgelöst. Forscher_innen des Kompetenznetzwerks Public Health Covid-19 unter Leitung von Kayvan Bozorgmehr von der Uni Bielefeld haben 23 Unterkünfte in NRW, Bayern, Brandenburg, Bremen, Hessen, Sachsen und Sachsen-Anhalt untersucht. In den 23 Einrichtungen gab es 1.367 bestätigte Infektionsfälle bei einer gesamten Bewohnerzahl von 6.083, Stand am 8. Mai. Das Ergebnis der Studie: Kommt es zu einer Corona-Infektion in einer Flüchtlingsunterkunft, ist das Risiko einer Ansteckung im Schnitt etwa so hoch wie auf einem Kreuzfahrtschiff.
Rückpolitik: Neue Studie der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik
Trotz wiederholter Gesetzesverschärfungen lebt heute eine Viertelmillion Menschen ohne legalen Aufenthaltsstatus in Deutschland, doppelt so viele wie 2013. Nur ein Teil verlässt tatsächlich das Land: Im Jahr 2019 reisten rund 13.000 Personen freiwillig aus; etwa 22.000 Menschen wurden abgeschoben. Jede zweite Abschiebung scheitert. In einer neuen Studie erläutert die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik, warum nicht alle ausreisepflichtige Menschen Deutschland verlassen und gibt zehn Handlungsempfehlungen für eine effizientere und menschlichere Rückkehrpolitik.
Asyl: Weniger Anträge in Deutschland, weniger irregluäre Grenzübertritte in EU
Die Zahl der Asylanträge in der EU ist nach Daten der EU-Asylbehörde EASO in den ersten vier Monaten 2020 deutlich zurückgegangen. Von Anfang Januar bis Ende April stellten 164.718 Personen einen Asylantrag, 25 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Damals waren noch 221.207 Asylanträge gestellt worden. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sagte am Mittwoch in Berlin, die Entwicklung hänge „unzweifelhaft“ mit der Pandemie und den Grenzkontrollen zusammen. Deutschland liegt nicht mehr an der Spitze der Zielländer: Die meisten Asylanträge wurden in Spanien gestellt (37.471), Deutschland folgt mit 33.714 Asylanträgen auf Platz zwei.
BAMF: Möglichkeiten zum Lernen im Netz ausgeweitet
Insgesamt 220.000 Zuwanderer_innen unterbrechen nach Angaben des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) wegen der Corona-Pandemie zurzeit ihre Integrationskurse. Das berichtet der Evangelische Pressedienst. Das Bamf habe rund 40 Millionen Euro aus dem aktuellen Haushalt zur Verfügung gestellt, um die Integrationsarbeit auch in der Coronakrise im Netz aufrechtzuerhalten. Damit sollen unter anderem die fest angestellten Lehrkräfte und die Honorarkräfte der Kursträger weiter beschäftigt werden können. Rund 1.000 Träger von Integrations- oder Berufssprachkursen haben einen Antrag auf Hilfe nach dem Sozialdienstleister-Einsatzgesetz gestellt. Bisher habe das Bamf rund 7.000 Online-Tutorien und virtuelle Klassenzimmer genehmigt, mit denen fast 83.000 Zuwanderer digital lernten.
Ungarn: Regierung muss nach EuGH-Urteil Lager schließen
Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs hat die Regierung des rechten Ministerpräsidenten Viktor Orbán zwei Internierungseinrichtungen für Flüchtlinge geschlossen. Der EuGH in Luxemburg hatte am 14. Mai entschieden, dass die Inhaftierung von vier Asylbewerbern im Transitlager Röszke widerrechtlich war. Rund 280 Menschen im Lager Röszke und sowie einem weiteren Lager an der Grenze zu Serbien wurden daraufhin in verschiedene, meist offene Einrichtungen für Asylbewerber gebracht. Ein Regierungssprecher nannte das Urteil „bedauerlich”. Seit rund drei Jahren hält Ungarn Asylbewerber in den zwei Container-Lagern fest. Diese sind mit hohem Zaun und Stacheldraht umgeben. Ungarn argumentierte, die Menschen hielten sich „freiwillig“ dort auf, weil sie die Lager in Richtung Serbien verlassen könnten. Wer jedoch nach Serbien zurückkehrt, verliert in Ungarn automatisch seinen Status als Asylbewerber. Die Luxemburger Richter hatten festgestellt, dass dies Freiheitsentzug sei. Asylbewerber dürften nur dann inhaftiert werden, wenn vorher eine Anordnung getroffen worden sei, in der Gründe dafür genannt wurden, so die DPA.