
News Juli 2022
UN: 100 Millionen Flüchtlinge
Kriege, Konflikte und Krisen haben weltweit mehr als 100 Millionen Menschen gezwungen, den Ort zu verlassen, an dem sie leben. Das waren rund 7 Millionen mehr als ein Jahr zuvor – und etwa doppelt so viele wie vor zehn Jahren. Das berichtet das UN-Flüchtlingswerk UNHCR. Laut ihrem Mitte Juni veröffentlichten Jahresbericht wurden Ende 2021 mehr als 89 Millionen Flüchtlinge und Binnenvertriebene gezählt. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine trieb seit Ende Februar etwa zwölf Millionen weitere Menschen in die Flucht. Der UNHCR beziffert die Zahl der Menschen mit akutem Umsiedlungsbedarf auf etwa 1,6 Millionen. 42 Prozent aller Vertriebenen weltweit sind minderjährig. Die weitaus meisten, nämlich 53,2 Millionen, suchen Zuflucht in anderen Teilen des eigenen Landes. Drei Viertel aller ins Ausland Vertriebenen bleiben in einem Nachbarstaat. Arme und Schwellenländer tragen somit auch weiter die Hauptlast dieser Flüchtlingsbewegungen: Sie nehmen weltweit etwa vier von fünf Flüchtlingen auf.
taz-Interview mit dem UNHCR-Chefstatistiker zu den Flüchtlingszahlen
Faire Mobilität: Neues Dossier zur Logistikbranche
Die Branche Kurier-, Express- und Paketdienste gehört heute zu den weltweit am stärksten wachsenden Wirtschaftsbereichen. Im Jahr 2020 wurden laut Bundesverband Paket und Expresslogistik in Deutschland vier Milliarden Warensendungen verschickt – durchschnittlich mehr als 13 Millionen am Tag. In diesem Sektor arbeiteten ca. 255.000 Beschäftigte – mit steigender Tendenz. Von den teils hoch ausbeuterischen Arbeitsbedingungen sind Migrant_innen besonders häufig betroffen. In einem aktuellen Branchendossier hat die DGB Beratungsstelle Faire Mobilität die gesammelten Erkenntnisse zu den Arbeitsbedingungen, Beschäftigungsmodellen und Beratungsansätzen zusammengestellt und veröffentlicht.
Übersicht: Psychosoziale Hilfen für Ukrainer_innen
Viele Geflüchtete aus der Ukraine sind traumatisiert. Sie benötigen psychologische Hilfe. Doch es fehlt an Angeboten, die Kapazitäten dafür sind begrenzt. Anspruch auf kassenärztliche Behandlungen, also auch Psychotherapien, hatten bislang nur Geflüchtete mit einem positiven Asylbescheid. Im Fall der ukrainischen Geflüchteten ist das aber anders: Sie erhalten ab dem 1. Juni Zugang zum regulären Sozialhilfesystem und damit zu Psychotherapien. Der Mediendienst Integration hat eine Übersicht über die bestehenden Hilfsangebote zusammengestellt. Denn die Nachfrage ist groß, sowohl nach psychosozialer Hilfe als auch nach Therapien. Frühere Forschungen zu Kriegsflüchtlingen haben ergeben: Mehr als ein Drittel könnten eine Behandlung benötigen, so der Mediendienst. Das wären aktuell mehr als 200.000 Menschen aus der Ukraine.
Integrationskurse: Schon 80.000 Teilnahmeberechtigungen an Ukrainer_innen erteilt
Die Ukraine-Flüchtlinge in Deutschland haben großes Interesse an Integrationskursen zur Sprach- und Kulturvermittlung. Innerhalb weniger Wochen seien bereits mehr als 80.000 Teilnahmeberechtigungen erteilt worden, teilte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge laut der Zeitung „Die Welt“ mit. Wer sie erhält, muss einen Einstufungstest absolvieren, um das passende Kursangebot zu ermitteln. Bis zum tatsächlichen Kursbeginn vergehen deshalb einige Wochen. Die Zahl der beginnenden Kurse werde deshalb bald stark steigen. Aktuell nehmen 17.000 Ukrain_innen an einem Integrationskurs teil.
Neue Info-Videos für Arbeitsmigrant_innen
Jobvermittlung, Krankenversicherung, Zeugnisse – wer aus dem Ausland nach Deutschland zum Arbeiten kommt, muss viele Dinge beachten. Die Beratungsstelle Faire Integration hat nun zwei neue Videos produziert, um wichtige Informationen verständlich zu erklären. Unter anderem wird die Arbeitsweise der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung der Bundesagentur für Arbeit erklärt, die unterstützt, wenn es um die Besetzung von Stellen in Deutschland mit Bewerber_innen aus dem Ausland geht.
„Neu im Job – Welche Unterlagen sind wichtig?”
„Jobvermittlung nach Deutschland – Was muss ich beachten?”
NATO: Spanien will irreguläre Migration als „hybride Bedrohung“ einstufen lassen
Spanien hat gefordert, neben „Lebensmittelunsicherheit” auch ungeregelte Migration als „hybride Bedrohungen“ in den Strategieplan des Verteidigungsbündnisses aufzunehmen. „Terrorismus, Cyber-Sicherheit, der politische Missbrauch von Energie-Ressourcen und von irregulärer Migration bedrohen unsere Souveränität“, sagte Außenminister Jose Manuel Albares. Spanien war Gastgeber des NATO-Gipfels am 29. und 30. Juni in Madrid. Hintergrund der Forderung sind Sorgen vor einem wachsenden Einfluss Russlands in Ländern des Maghrebs und der Sahel-Zone.
„Arbeiten im Gastgewerbe“: Neue Infos-Videos und -Flyer der NGG
Im Gastgewerbe wird händeringend Personal gesucht. Das ist auch eine Chance für ukrainische Geflüchtete, in Deutschland Fuß zu fassen. Vorausgesetzt, die Gastronomen bieten faire Bedingungen und Bezahlung. Letztere hat sich zuletzt auch dadurch deutlich verbessert, dass die NGG – nach Jahren der Verweigerung seitens der Arbeitgeber_innen – bundesweit gute Tarifverträge abschließen konnte. Um Geflüchtete und andere Migrantinnen und Migranten, die nicht aus der EU kommen, vor Ausbeutung zu schützen, bieten die Beratungsstellen des Netzwerks „Faire Integration“ Hilfestellung auch in ukrainischer Sprache. In Kooperation mit der NGG wurde überdies der Flyer „Arbeiten im Gastgewerbe“ erstellt. Er ist auf der Website des Netzwerks in mehreren Sprachen abrufbar. „Wichtig ist jetzt, dass die ukrainischen Bildungsabschlüsse unkompliziert anerkannt werden”, sagte dazu Claudia Tiedge, die stellvertretende NGG-Vorsitzende. Sie fordert einen vereinfachten Zugang zu Sprachkursen. „Die Sprache ist der Schlüssel, um zurechtzukommen.“
EU: Österreich will Asylprüfung nur in Drittstaaten zulassen
Die schwarz-grüne Regierung von Österreich fordert die Auslagerung von Asylprüfungen in Drittstaaten. Das berichtet die Welt. Demnach schlägt die Regierung in Wien vor, Migrant_innen während der Prüfung von Asylanträgen außerhalb der EU unterzubringen. „Es wäre eine gute Lösung, künftig Migranten von der EU in Drittstaaten zurückzuschicken und dort ihre Asylanträge prüfen zu lassen“, sagte der österreichische Innenminister Gerhard Karner (ÖVP). „Wer nicht schutzberechtigt ist, muss wieder in sein Herkunftsland zurückkehren“, forderte er. Nach einem positiven Entscheid dürften die Anerkannten hingegen in die EU einreisen. Schon zu Zeiten der rechts-nationalen ÖVP-FPÖ-Regierung hatte Österreich 2018 versucht durchzusetzen, dass Asylanträge nur noch außerhalb der EU gestellt werden dürfen. Der neue Vorstoß ist offenbar von dem Plan Großbritanniens inspiriert, das Asylsuchende künftig nach Ruanda abschieben will. Ein erster entsprechender Flug war jedoch Mitte Juni von Gerichten unterbunden worden.
Amerika-Gipfel endet mit Abschlusserklärung zu Migrationspolitik
Zum Abschluss des Amerika-Gipfels Mitte Juni in Los Angeles haben 20 Länder auf Initiative der USA eine gemeinsame Erklärung zur Migration verabschiedet. Darin fordern sie, die „Sicherheit und Würde aller Migranten“ zu schützen. Gleichzeitig sollen Strafverfolgungsbehörden und Geheimdienste enger zusammen arbeiten, um die illegale Migration in Süd-, Mittel- und Nordamerika zu bekämpfen. Biden hatte zwar angekündigt, die brutale Anti-Einwanderungspolitik seines Vorgängers Donald Trump zu stoppen. Die Lage an der US-Südgrenze für Migrant_innen ist jedoch weiter äußerst schlecht. Auf dem Gipfel sagte Biden: „Wir müssen die gefährlichen und illegalen Migrationswege stoppen.“ Illegale Migration sei „nicht akzeptabel und wir werden unsere Grenzen sichern – auch durch innovative, koordinierte Maßnahmen mit unseren regionalen Partnern“ Der mexikanische Präsident Andrés Manuel López Obrador, beim Thema Einwanderung ein wichtiger Partner der USA, blieb dem Gipfel in Los Angeles fern.
Entnommen aus Forum Migration Juli 2022