News Dezember 2020
Bremen: Der Skandal, der keiner war – Gericht streicht BAMF-Anklage zusammen
Die Staatsanwaltschaft Bremen hat sich damit abgefunden, dass sie mit ihrer Anklage wegen angeblicher Missstände in der Bremer Außenstelle des Bundesamtes für Asyl und Migration (BAMF) weit gehend gescheitert ist. Die Verfolgungsbehörde reichte keine Beschwerde dagegen ein, dass das Landgericht von ihrer 121 Einzeltaten umfassenden Anklage nur wenige Punkte zugelassen hatte. Der Fall der Bremer BAMF-Außenstelle erregte im Frühjahr 2018 bundesweit Aufmerksamkeit. Damals war von mindestens 1.200 unrechtmäßig bewilligten Asylanträgen die Rede. Eine Prüfgruppe des BAMF fand bei einer genauen Untersuchung der Akten von 18.000 Antragsteller_innen aus den Jahren 2006 bis 2018 nur in 145 Fällen Belege für „manipulative Einflussnahme“. Im Mai 2018 hatte sich Bundesinnenminister Horst Seehofer „namens der Bundesregierung“ bei der Bevölkerung für die Vorgänge beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Bremen entschuldigt. Es handele sich um einen „handfesten, schlimmen Skandal“, sagte Seehofer da. Zwei Wochen später setzte er die BAMF-Präsidentin Jutta Cordt wegen der Affäre ab und holte den als Hard-liner geltenden CSUler Hans-Eckhard Sommer an die Behördenspitze.
Mitteilung des Landgerichts Bremen: https://bit.ly/377oqjw (Pressemitteilung Nr. 75/2020 vom 06.11.2020)
Diskriminierende Corona-Regeln: Kein Familienwochenende für Fahrer aus Drittstaaten
In Slowenien gelten seit dem 16. November verschärfte Corona-Regeln. Die sehen unter anderem vor, dass Lkw-Fahrer und -Fahrerinnen, die für slowenische Unternehmen arbeiten, aber aus Drittländern kommen, nicht mehr am Wochenende zu ihren Familien, in Ländern wie Bosnien oder Serbien fahren dürfen. „Ihre Ruhezeit müssen sie jetzt in Lastwagen oder in ungeeigneten Unterkünften verbringen”, sagt Marko Tanasic vom slowenischen Gewerkschaftsverband ZSSS. Das habe „keine positiven Auswirkungen auf die Pandemiesituation und ist diskriminierend”. Slowenien hat die Gründung von Briefkastenfirmen erleichtert, weshalb sehr viele Drittstaatler aus Ländern wie Kosovo, Bosnien oder Serbien als Fahrer über Slowenien entsandt werden. Hilfe bietet unter anderem die Corona-Hotline der Beratungsstelle Faire Mobilität auf Bosnisch-Kroatisch-Serbisch: +49 (0) 800 0005776 (Montag und Mittwoch 9.00-12.00 und 13.00-17.00 Uhr, Donnerstag 13.00-17.00 Uhr) und im Projekt Fair Working Conditions Marko Tanasic von dem slowenischen Gewerkschaftsdachverband ZSSS: +386 (1) 4341290, www.fair-labour-mobility.eu/help-desks.
Aufruf: Grundwerte in der Pandemie erhalten
Die „Allianz für Weltoffenheit, Solidarität, Demokratie und Rechtsstaat – gegen Intoleranz, Menschenfeindlichkeit und Gewalt“ hat in einem gemeinsamen Aufruf dafür geworben, angesichts der aktuellen Herausforderungen der Corona-Pandemie demokratische Grundwerte und gesellschaftlichen Zusammenhalt zu wahren, den Diskurs zu suchen und Solidarität zu üben. „Seit Oktober sind die Infektionszahlen wieder stark angestiegen. Wenn wir das aktuelle Pandemiegeschehen nicht rasch in den Griff bekommen, sind die Risiken erheblich: für die Gesundheit und das Leben vieler Menschen, ihre wirtschaftliche Existenz, aber auch für das gesellschaftliche Miteinander”, heißt es in einem Aufruf der Allianz. Zu dem 2016 gegründeten Netzwerk gehören unter anderem der DGB, der Zentralrat der Juden in Deutschland, der Deutsche Kulturrat und der Koordinationsrat der Muslime.
Anschläge: Muslime stellen sich gegen islamistischen Terror
Mit einer Reihe von Aktionen und Stellungnahmen haben islamische Gemeinden auf die Serie von islamistischen Morden in Österreich, Frankreich und Deutschland reagiert. Bei einem multireligiösen Friedensgebet in der evangelischen Marienkirche in Berlin verurteilten Repräsentanten der großen Weltreligionen Gewalt und riefen zu Frieden und Versöhnung auf. Über Unterschiede und Grenzen hinweg müssten Brücken gebaut werden. Die islamische Theologin Kübra Dalkilic vom Berliner Drei-Religionen-Zentrum „House of One“ sagte, die Attentäter, die angeblich für Gott töten, hätten nichts mit dem Islam gemein. Der Terror kenne keine Religion. Wenn jemand einen Menschen töte, sei das laut Koran so, als hätte er die ganze Menschheit getötet. „Die Attentäter von Wien und Kabul haben uns eines demonstriert: Terror interessiert sich nicht für die Religion oder die Herkunft seiner Opfer; er trifft uns alle, Christen, Juden, Muslime, Atheisten; Europäer und Nicht-Europäer”, schreibt der Präsident der Deutschen Muslimischen Gemeinschaft, Khallad Swaid. „Wer Mord und Terror über die Menschen bringt, der hat sich an der Menschheit vergangen, der hat sich an Gott vergangen – der hat Verrat an unser aller Zivilisation und den Werten jeder Religion begangen, der hat gegen den Koran und den Propheten gehandelt”, heißt es in einer Stellungnahme des Vorsitzenden des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek. Seit Anfang Oktober waren bei islamistischen Anschlägen in Nizza, Wien, Paris, Kabul und Dresden dutzende Menschen ermordet worden.
Briefe der Deutschen Muslimischen Gemeinschaft zu Nizza und Wien/Kabul: https://bit.ly/2HzRE23 und https://bit.ly/3m56axI
Wohl 300 Menschen zuletzt im Mittelmeer ertrunken
Bei schweren Unglücken sind im November vor Libyen mindestens 149 Menschen ertrunken. Das teilte die Internationale Organisation für Migration (IOM) mit. Das Mittelmeer sei weltweit die gefährlichste Route für Migranten und Flüchtlinge. Federico Soda, der Missionschef der IOM in Libyen sagte, der zunehmende Verlust an Menschenleben im Mittelmeer sei „Ausdruck der Unfähigkeit der Staaten, entschiedene Maßnahmen“ im „tödlichsten Seegebiet der Welt“ zu ergreifen. Die jüngsten Vorfälle reihen sich in eine Serie von Schiffsunglücken mit hunderten Toten in den vergangenen Wochen ein. Allein elf Unfälle ereigneten sich seit dem 1. Oktober vor der Küste Libyens. Insgesamt sind damit von Januar bis November 2020 945 Menschen im Mittelmeer ertrunken, weitere 535 starben auf dem Weg nach Europa im Atlantik. Rund 11.000 Menschen wurden seit Januar 2020 von der so genannten libyschen Küstenwache auf dem Meer abgefangen und in Internierungslager gebracht. Gleichzeitig wird das deutsche Rettungsschiff Sea Watch 4 weiter auf Sizilien von den Behörden festgehalten.
Kampf gegen Rechts: Bundesregierung stellt fast eine Milliarde bereit
Mit rund 90 Einzelmaßnahmen will die Bundesregierung den Kampf gegen Rassismus und Rechtsextremismus stärken. Der Bundesvorsitzende der Türkischen Gemeinde Deutschland Gökay Sofuoglu beklagte aber, es fehle an konkreten Zielen, die sich auch nachvollziehen ließen. Der Vorsitzende des Vereins „Deutsch Plus“, der sich für eine vielfältige Einwanderungsgesellschaft einsetzt, Farhad Dilmaghani, sah Licht und Schatten. „Gut ist, dass über eine Reihe von Einzelmaßnahmen und Ausbau von bestehenden Programmen die Zivilgesellschaft gestärkt und Prävention ausgebaut wird. Das Wissen über Rassismus in unserer Gesellschaft wird verbreitert und die Strafverfolgung von Rechtsextremen verbessert“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Allerdings müsse der Staat mehr Geld in die Hand nehmen. Sein Verein habe zuletzt ungefähr zwei Milliarden Euro pro Jahr gefordert. Vor allem fehle aber ein unabhängiger Mechanismus zur Überprüfung der Wirksamkeit des Pakets.
Projekt KompAKT: Multiplikator_innen für Vielfalt im Betrieb
Die IQ Consult bietet im Rahmen des Modellprojekts KompAKT Beratungen und Qualifizierungen zur betrieblichen Gestaltung von Vielfalt an. Das Ziel: Praxisnah zeigen, wie Hürden abgebaut werden können, die Jugendliche mit Migrationsgeschichte auf dem Weg in den Betrieb behindern. Das Angebot richtet sich an Ausbilder_innen, Meister_innen und jugendliche Multiplikator_innen.
Flyer & Infos Projekt KompAKT: https://bit.ly/3q4c30j