
Mit Geflüchteten gegen Corona
Durch die Bekämpfung des Corona-Virus ist der Bedarf an medizinischem Personal in Deutschland gestiegen. In mehreren Bundesländern suchen die Ärztekammern deshalb jetzt gezielt nach ausländischen Ärzten, Schwestern und Pflegern. Das berichtet das Redaktionsnetzwerk Deutschland. Und auch eine andere Gruppe wird für die Krankenhäuser noch interessanter als ohnehin: Mediziner_innen, die etwa als Geflüchtete nach Deutschland gekommen sind und hier auf ihre Berufszulassung warten. In Österreich wurden Gesetze geändert, um sie leichter beschäftigen zu können.
So hat sich etwa die Sächlücsische Landesärztekammer (SLAK) gezielt an ausländische Ärzt_innen gewandt, die noch auf eine Arbeitserlaubnis warten und sie zur Unterstützung in der Gesundheitsversorgung aufgerufen. Rund 150 Mediziner_innen, die im Ausland studiert haben, größtenteils als Geflüchtete nach Deutschland gekommen sind und nun in Sachsen leben, hätten sich seither gemeldet und ihre Hilfsbereitschaft signalisiert. „Die Resonanz ist sehr gut”, sagte Landesärztekammer-Sprecher Knut Köhler dem RND. In Bayern hätten sich gar 1.700 Menschen in einem Portal gemeldet, dass die Bayerische Landesärztekammer eingerichtet hat.
Ärzt_innen ohne Approbation würden als „Pflegekräfte unter Aufsicht” eingesetzt, sagte SLAK-Sprecher Köhler, „wie Medizinstudenten aus höheren Semestern”. Eine Vereinfachung des Anerkennungsverfahrens für Mediziner, die im Ausland studiert haben, halte er trotz des erhöhten Personalbedarfs angesichts der Corona-Krise nicht für sinnvoll. Die hohen Hürden hätten „ja einen Grund”, denn Patient_innen müssten vor Fehlbehandlungen und Missverständnissen aufgrund sprachlicher Barrieren geschützt werden. Das nordrhein-westfälische Gesundheitsministerium sagte dem RND auf Anfrage, bestehende Berufserlaubnisse für ausländische Ärzt_innen sollen auf unkomplizierte Weise verlängert werden. So könne „das in Kliniken schon jetzt praktisch eingesetzte, aber noch nicht approbierte Personal auch vorerst in den Kliniken bleiben und die Fachsprachprüfung und Approbation zu einem späteren Zeitpunkt nachholen”.
Die Regierung von Oberbayern hat in einem beschleunigten Verfahren vor Ostern über 200 Berufserlaubnisse an ausländische Ärzt_innen erteilt. Die Anerkennung ausländischer Abschlüsse in „systemrelevanten Gesundheitsfachberufen” wird dort nun vorrangig bearbeitet. Aufgrund der Corona-Kontaktbeschränkungen hatten für die Ärzt_innen erforderlichen Fachsprachtests ab März ausgesetzt werden müssen. Auch bei Vorliegen aller weiteren Voraussetzungen hatte deshalb die Berufszulassung nicht erteilt werden können. „Angesichts des akuten Bedarfs an medizinischem Personal war dies jedoch nicht vertretbar”, heißt es in einer Erklärung der Bezirksregierung. Deshalb habe sie in Abstimmung mit dem Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit einen Maßnahmenkatalog entwickelt, um unter erleichterten Voraussetzungen Ärzt_innen in der aktuellen Situation eine vorläufige und befristete Berufserlaubnis zu gewähren. Diese für ein Jahr befristete Berufserlaubnis berechtigt zur nichtselbstständigen Ausübung des Arztberufes. Sie ist bayernweit gültig und ermöglicht einen Einsatz bei der ärztlichen Patientenversorgung in klinischen Einrichtungen unter Anleitung und die Mitarbeit im Aufgabenbereich der Gesundheitsämter. Nach Ablauf des Jahres sind die ausstehenden Voraussetzungen nachzuholen oder nachzuweisen. Dann ist auch eine weitere berufliche Tätigkeit über die Gültigkeit der vorläufigen „Corona-Berufserlaubnis“ hinaus möglich, so die Bezirksregierung. Unter diesen Vorgaben konnten in zwei Wochen 158 Berufserlaubnisse an Antragsteller_innen aus Drittstaaten und 51 Berufserlaubnisse an solche aus der EU erteilt werden.
In Österreich hat der Nationalrat im März die Grundlage geschaffen um ausländische Ärzt_innen und Geflüchtete im Gesundheitswesen mitarbeiten zu lassen und die Corona-Pandemie zu bekämpfen. Das berichtet die Wiener Zeitung. Das UN-Flüchtlingswerk UNHCR zeigte sich demnach erfreut: „Auch in Österreich wurden zuletzt die gesetzlichen Voraussetzungen geschaffen, für die Dauer der Pandemie mit ausländischen Abschlüssen in medizinischen Berufen zu arbeiten. So können nun auch Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte, die in ihren Herkunftsländern in medizinischen und Pflegeberufen gearbeitet haben, ihr Wissen und ihre Erfahrungen in dieser herausfordernden Zeit einbringen.“ Österreich habe einen wichtigen Schritt getan, denn es werde „oft vergessen, dass Flüchtlinge auch Ärzt_innen, Krankenpfleger_innen oder Wissenschaftler_innen sind. Zudem können sie nun all jene, die im Gesundheitsbereich Unglaubliches leisten, bei Bedarf unterstützen“, so Christoph Pinter, Leiter UNHCR Österreich.