Mehr Zuwanderung nötig
Rente, Pflege, Demografie, Arbeitsmarkt: Seit vielen Jahren fordern Studien mehr Zuwanderung. Jetzt legte die Bertelsmann-Stiftung eine umfassende neue Berechnung vor. Das Ergebnis: Wenn Deutschland ernsthafte Probleme vermeiden will, müssen bis 2060 jedes Jahr 260.000 Menschen mehr ein- als auswandern. Die Forscher_innen erwarten im Schnitt ein Plus von 114.000 Einwander_innen aus der EU. Aus Drittstaaten müssten also jedes Jahr weitere mindestens 146.000 mehr Menschen nach Deutschland ziehen als fortgehen.
Verfasst haben die Studie das Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung und die Hochschule Coburg. Die Forscher_innen gehen davon aus, dass die Einwanderung aus anderen EU-Ländern künftig abnimmt. Die Lebensqualität in der EU insgesamt nähert sich voraussichtlich allmählich an das deutsche Niveau an. Entsprechend sinkt der Reiz, zur Jobsuche nach Deutschland zu kommen. Im gleichen Maße werde der Bedarf an Migrant_innen aus Drittstaaten wachsen. Derzeit scheiden jedes Jahr etwa 300 000 mehr Menschen aus dem Erwerbsleben aus, als junge Leute die Schule verlassen. Berücksichtigt man eine höhere Geburtenrate sowie eine steigende Erwerbsbeteiligung von Frauen und Männern, dann ergibt sich, dass nur mit einer Zuwanderung von 260.000 Menschen im Jahr der durch die Demografie bedingte Rückgang des Arbeitskräfteangebots auf ein für die Wirtschaft erträgliches Maß zu begrenzen sei. Ohne Zuwanderung und bei konstanter Erwerbsbeteiligung würde das Erwerbspersonenpotenzial bis zum Jahr 2060 auf 31 Millionen schrumpfen. Das wäre ein Rückgang von fast 16 Millionen Personen. „Daran ändern der starke Zuzug von Ausländern der letzten Jahre und steigende Geburtsraten seit 2011 nichts“, heißt es in der Studie.
Zu erreichen sei die nötige Zuwanderung nicht nur durch ein Einwanderungsrecht, das attraktive Bedingungen für Fachkräfte schaffe. Wichtig sei neben der Verbreitung von Deutsch als Fremdsprache auch die Einstellung der Gesellschaft gegenüber Vielfalt, heißt es in der Studie. Dafür braucht Deutschland eine „anhaltende Willkommenskultur im Sinne einer gesellschaftlichen Offenheit für Einwanderer“.
Bertelsmann-Studie Digitalisierung und Zuwanderung: https://bit.ly/2GEk08y