Leichter nach Deutschland
YouTube-Videos, Telefonhotline, Chat: Für ausländische Fachkräfte soll es leichte werden, nach Deutschland zu kommen und ihre Abschlüsse anerkennen zu lassen. Aus den Westbalkanstaaten kommen bereits jetzt immer mehr qualifizierte Zuwander_innen in die Bundesrepublik.
Zu den Maßnahmen der neuen „Fachkräftestrategie“ der Bundesregierung (siehe Seite 3) zählt auch der Relaunch der mehrsprachigen „Make-it-in-Germany“ Webseite, die zum „offiziellen Dachportal“ erhoben wird. Sie soll einen besseren Überblick über die Wege zu Arbeit, Ausbildung oder Studium in Deutschland bieten. Arbeitsuche, Einreise- und Visumverfahren sowie rechtliche Rahmenbedingungen werden in über einem Dutzend Sprachen erklärt. Über eine Jobbörse können sich Interessierte direkt auf freie Stellen bewerben. Individuelle Beratungen erfolgen per E-Mail, Chat, die Telefonhotline „Arbeiten und Leben in Deutschland“ und Twitter. Dazu gibt es Newsletter, Videos auf einem eigenen YouTube-Kanal sowie „Question and Answer Sessions“ auf Twitter. Zum Thema Anerkennung gibt es einen eigenen Bereich in 13 Sprachen.
Auch Niedersachsen will mehr tun, um die Verfahren zur Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse zu verbessern. Im November hat das Bundesland dazu einen „interministeriellen Arbeitskreis“ gegründet. Die Verfahren könnten weiter beschleunigt und vereinfacht werden, sagte Sozialministerin Carola Reimann (SPD). Im vergangenen Jahr seien immerhin bereits 60 Prozent aller Anträge auf Anerkennung von im Ausland erworbenen Berufsabschlüssen positiv beschieden worden. Viele Zugewanderte wollten ihre mitgebrachten Qualifikationen und Erfahrungen nutzen, um eine gute Chance auf dem deutschen Arbeitsmarkt zu haben, so Reimann. „Und wir in Niedersachsen sind froh über gut qualifizierte Fachkräfte, die wir dringend brauchen.“
Derweil zeigen sich die Folgen der 2015 eingeführten „Westbalkan“-Regelung. Damals verschärfte die Bundesregierung die Linie gegen Asylbewerber_innen aus der Region. Gleichzeitig erleichterte sie Jobsuchenden aus südosteuropäischen Nicht-EU-Ländern, unter bestimmten Voraussetzungen in Deutschland zu arbeiten.
Die Betroffenen müssen dazu einen Arbeitsplatz in einem deutschen Betrieb nachweisen. Diesen dürfen sie aber erst dann antreten, wenn die örtliche Bundesagentur bei einer Vorrangprüfung bestätigt, dass der Arbeitsplatz nicht von einem in Deutschland lebenden Arbeitslosen besetzt werden kann. Forscher_innen des arbeitgebernahen Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) haben jetzt für eine Studie unter anderem Daten des Ausländerzentralregisters und der Bundesagentur für Arbeit ausgewertet.
Demnach hat die Zahl sozialversicherungspflichtig beschäftigter Migrant_innen aus Albanien, Bosnien-Herzegowina, dem Kosovo, Mazedonien und Serbien in Deutschland stark zugenommen: von 183.000 im März 2015 auf 268.000 im März dieses Jahres. 162.000 dieser Migrant_innen übten demnach eine Tätigkeit aus, die eine mindestens zwei- bis dreijährige Berufsausbildung erfordere. Die Quote der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten stieg von einem guten Drittel (35,2 Prozent im Juni 2015) auf fast die Hälfte (48,9 Prozent im Juni 2018). Ob die Westbalkanregelung auf andere Asylherkunftsländer übertragen werden kann, bewerten die Forscher kritisch: Die Westbalkanländer verfügten im internationalen Vergleich über ein relativ hohes Qualifikationsniveau, hieß es. So hätten etwa in Serbien zwei Drittel der Bevölkerung ein „mittleres Qualifikationsniveau“, also mindestens einen mit dem Abitur vergleichbaren Abschluss, und ein Fünftel ein „hohes Qualifikationsniveau“, meist einen Hochschulabschluss.
→ IW-Studie „Aktuelle Zahlen zur Zuwanderung aus den Westbalkanländern”: https://bit.ly/2Dzb834
Aus: Forum Migration Dezember 2018