
Kriegt das BAMF eine Schwester?
Als Innenminister hatte Thomas de Maizière die Idee nicht verfolgt, aus dem Ruhestand bringt er sie in die Diskussion: Die Schaffung einer zentralen Einwanderungsbehörde. Diese soll die Kompetenzen übernehmen, die heute bei den örtlichen Ausländerbehörden liegen. Auch andere Unions-Politiker wollen so „Ordnung“ in die Ausländerbürokratie bringen. Eine gute Idee?
Derzeit trifft das Bundesamt für Migration die erste Entscheidung über den Asylantrag. Alle weiteren Entscheidungen liegen bei den Kommunen. Die Bundesländer aber haben keine einheitliche Regelung, wie lange zum Beispiel eine Duldung erteilt wird oder wie Aufenthaltstitel vergeben werden. Auch bei der Frage der Abschiebung gibt es sehr unterschiedliche Vorgehensweisen. „Deshalb wäre eine zentrale Einwanderungs- und Ausländerbehörde sinnvoll, die alles gebündelt entscheidet“, sagte de Maizière, der im März 2018 aus dem Amt des Innenministers ausgeschieden war, der Bild am Sonntag. „Im Gegenzug könnten sich die Länder und Kommunen auf Integrationsaufgaben wie die Organisation von Sprachkursen konzentrieren.“
Erst im November 2018 hatte Marian Wendt, CDU-Obmann im Bundestags-Innenausschuss, die gleiche Forderung aufgestellt. Eine zentrale nationale Ausländerbehörde sei „die richtige Antwort auf das Durcheinander“, sagte Wendt. Diese solle eine „konvergente Entscheidungspraxis gewährleisten”. Wendt schwebt vor, ihr den „gesamten Ausländer- und Migrationsbereich” zu übertragen. Die Behörde soll demnach – ähnlich wie das BAMF – regionale Außenstellen erhalten und direkten Zugriff auf Einwohnermeldedaten, das Ausländerzentralregister sowie Sozialversicherungs- und Justizdaten bekommen.
„Die Frage ist ja, in welchem Rahmen eine solche neue Behörde agieren würde”, sagt der ver.di-Migrations-Referent Romin Khan. Sie könne dann einen Neustart in der Migrationspolitik sein, wenn sie als Instrument einer neuen Willkommenskultur gedacht sei. Dazu müsse sie vor allem „substantielle Integrationshilfen leisten“, sagt Khan – etwa was Sprachkurse angeht. „Eine neue Behörde macht Sinn, wenn sie Ausdruck eines Politikwechsels wäre. Wenn es nur darum gehen soll, noch mehr Abschottung zentral zu organisieren, dann braucht die neue Behörde keiner.”
Auch die Grünen-Abgeordnete Filiz Polat ist skeptisch. „Eine Einwanderungsbehörde im Sinne des ehemaligen Innenministers führt nicht zwangsläufig zu einer Vereinheitlichung oder Beschleunigung aufenthaltsrechtlicher Verfahren,” sagt sie Forum Migration. Das BAMF sei hier das beste Beispiel. Erste Anlaufstelle für Einwandernde sind die Ausländerbehörden in unseren Kommunen, die zwingend zu rechtskreisübergreifenden Migrationszentren in den Kommunen weiterentwickelt werden sollten, so Polat. Die „Defizite in der Anwendungspraxis und der aufenthaltsrechtliche Flickenteppich in Deutschland“ seien Folge der verfehlten Migrationspolitik der Union. „Die sieht das Aufenthaltsrecht in erster Linie als Instrument des Ordnungsrecht.”