Impulse für Offenheit setzen! Kommentar von DGB Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach
Mitte Mai kommen 400 Delegierte aus allen Gewerkschaften in Berlin zum DGB Bundeskongress zusammen. Hier geht es um unseren Beitrag und unsere Forderungen zu Weltoffenheit, Demokratie und Menschenwürde im Betrieb und in der Gesellschaft. Da gehört das Thema Migration natürlich mitten hinein.
Das ist umso wichtiger, als die amtierende Regierungskoalition Schutzrechte für Asylsuchende abbaut. Was ist das für eine absurde Idee, alle Asylsuchenden während des Verfahrens in so genannten Ankunftszentren unterzubringen – mit der Begründung Asylverfahren würden so effizienter?
Solch ein Vorgehen schwächt die Integration, denn die Asylsuchenden dürfen in dieser Zeit weder arbeiten noch Integrationssprachkurse besuchen. Problematisch sind auch die Vorschläge zum Familiennachzug bei subsidiär geschützten Flüchtlingen. Am 1. Februar wurde der Familiennachzug per Gesetz für weitere Monate ausgesetzt und eine monatliche Quote von 1.000 Personen festgelegt. Mit dieser Quote wird das Grundrecht auf Einheit der Familie an eine Obergrenze gebunden und damit faktisch ausgehebelt.
Wo im Koalitionsvertrag positive Ansätze zu finden sind, werden wir uns dafür engagieren, dass auch praktisch etwas Positives herauskommt, z.B. wenn in Zukunft auch für Geduldete Angebote für Spracherwerb und Beschäftigung entwickelt und die vorhandene Ausbildungsduldung zeitlich erweitert werden sollen. Angekündigt ist ein Regelwerk zur Steuerung der Fachkräftezuwanderung – wir sind gespannt und werden uns einmischen. Nicht vernachlässigt werden darf die Frage gesellschaftlicher Teilhabe, das greift die Regierungskoalition bislang bei Weitem nicht genug auf. Nötig wäre ein Gesetz zur Verbesserung der ökonomischen und gesellschaftlichen Teilhabechancen, wie es der DGB fordert.* Wir stehen für eine offene Gesellschaft mit gleichen Teilhabechancen für alle Bevölkerungsgruppen – dafür will der Leitantrag die Weichen stellen. Damit gute Arbeit, Bildung und Ausbildung und nicht zuletzt soziale Sicherheit für alle möglich ist. Dabei ist klar, dass wir als Gewerkschaften Ausbeutung und Lohndumping mit allem Nachdruck bekämpfen. Dafür brauchen wir klare Regeln am Arbeitsmarkt, die die Menschenwürde schützen und die auch über Ländergrenzen hinweg durchgesetzt werden. Es ist ein dickes Brett das durchzusetzen, aber zentral für ein soziales Europa.
Helfen soll dabei – so ein anderer Antrag – die weitere Unterstützung des Projekts Faire Mobilität des DGB Bundesvorstandes: ein Plädoyer dafür, das Angebot so auszuweiten, dass mobile Beschäftigte künftig in allen Bundesländern eine arbeits- und sozialrechtliche Erstberatung bekommen können. Das soll dazu beitragen, anständige Löhne und faire Arbeitsbedingungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus den mittel- und osteuropäischen EU-Staaten auf dem deutschen Arbeitsmarkt durchzusetzen.
Gerade Frauen sind oft Opfer von Menschenhandel – sei es wegen sexueller Ausbeutung oder zur Ausbeutung ihrer Arbeitskraft, insbesondere in Privathaushalten. Dieses Problem wird jedoch in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen. Der Antrag „Menschenhandel und Arbeitsausbeutung von Frauen stoppen“ fordert die Bundesregierung und die Landesregierungen deshalb auf, finanzielle und personelle Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Damit sollen Fachberatungsstellen für Betroffene besser ausgestattet und spezielle Beratungs- und Unterstützungsangebote für Frauen entwickelt werden.
Auch der Bundesjugendausschuss hat einen Antrag eingebracht, der sich mit der Situation Geflüchteter befasst. Er fordert u.a. Asylverfahren zügig und rechtssicher zu gestalten und den Aufenthalt während der Ausbildung rechtssicher zu machen, unabhängig vom Duldungssystem.
Wir stehen als Gewerkschaften dafür ein, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht gegeneinander ausgespielt werden, weder im Betrieb noch in der Gesellschaft. Da ist es eine große Stärke, viele Menschen mit Migrationshintergrund in unseren Reihen zu haben. Ich bin sicher, der DGB Bundeskongress wird wichtige Impulse setzen – auch, wenn es darum geht, Solidarität zu leben und zu fördern, Menschenverachtung und jeglicher Ethnisierung von Konflikten klar entgegenzutreten.
Dieser Beitrag wurde der Publikation "Forum Migration Mai 2018" entnommen.