
EU: Wer bekommt Hartz IV?
EU-Bürger_innen dürfen in Deutschland leben und arbeiten. Die gleichen Ansprüche auf Sozialleistungen haben sie jedoch nicht. Der Europäische Gerichtshof hat jetzt ihr Recht auf Hartz-IV gestärkt.
Ein in Krefeld (NRW) lebender Pole hat sich vor Europas höchstem Gericht gegen das Jobcenter durchgesetzt. Der Mann wohnt seit 2013 in Deutschland und arbeitete mehrfach sozialversicherungspflichtig. Dann wurde er arbeitslos. Seine beiden Töchter gehen in Deutschland zur Schule. Die Familie bekam bis Juni 2017 Hartz IV. Dann stoppte das Jobcenter die Zahlungen: Der Antragsteller halte sich zur Arbeitssuche in Deutschland auf, deshalb habe er keinen Leistungsanspruch.
Zu Unrecht, entschied nun der Europäische Gerichtshof. Zwar halte sich der Pole auch zur Arbeitssuche in Deutschland auf, ein deswegen grundsätzlich möglicher Leistungsausschluss greife hier aber nicht, so die Richter. Denn sein Aufenthaltsrecht leite sich inzwischen auch vom Schulbesuch seiner Töchter ab. Aus diesem eigenständigen Aufenthaltsrecht erwachse ein Anspruch auf Gleichbehandlung mit Deutschen bei der sozialen Sicherung. So solle verhindert werden, dass eine solche Familie „dem Risiko ausgesetzt ist, bei Verlust ihrer Beschäftigung den Schulbesuch ihrer Kinder unterbrechen und in ihr Herkunftsland zurückkehren zu müssen“, so die Luxemburger Richter.
Die Bundesregierung arbeitet derweil an einem Gesetz, um den Hartz IV-Anspruch von EU-Bürger_innen zu erschweren. Entscheiden sollen künftig die Ausländerbehörden. Das berichtet die taz. Bislang gilt der Leistungsausschluss nicht für EU-Bürger_innen, die zwar zur Arbeitssuche im Land sind, aber wegen eines anderen Grundes Anspruch auf Aufenthalt in Deutschland haben. Dies können etwa humanitäre Gründe sein oder der Schutz der Familie, so die taz. Künftig soll es demnach auf ein von einer Ausländerbehörde tatsächlich festgestelltes Aufenthaltsrecht ankommen. Die Bundesregierung befürchtet offensichtlich, dass die Sozialbehörden zu großzügig sind und will deshalb die eigentlich zuständigen Ausländerbehörden entscheiden lassen.
Urteil des EUGH: https://bit.ly/3dufqI8
Beitrag zum Gesetzentwurf: https://bit.ly/3dEZG5r