Deal or No-Deal?
Ende Oktober soll Großbritannien nach dem Willen seiner derzeitigen Regierung die EU verlassen – auch ohne den so genannten Deal, der die genauen Umstände regelt. Was bedeutet das für die Migrant_innen im Land – und jene im benachbarten Irland?
Rund 3,7 Mio. Ausländer_innen aus der EU lebten Ende 2018 im Vereinigten Königreich – etwa 6 % der Bevölkerung. Rund 2,3 Mio. von ihnen sind erwerbstätig, ihre Beschäftigungsquote lag bei 83 % – und damit höher als die der Brit_innen selbst (76 %) sowie der Menschen von außerhalb der EU (66 %). Die mit Abstand größte Gruppe der EU-Ausländer_innen stammt dabei aus Polen. Nach letzten Schätzungen leben knapp eine Million in Großbritannien, mit weitem Abstand folgen Menschen aus Rumänien (392.000) und Irland (369.000), die Zahl der Deutschen lag 2018 bei 155.700. „Was mit ihnen passiert, ist völlig offen – wie derzeit fast alles beim Brexit“, sagt Barnaba Dora, aus Polen stammender Jurist, der als Organiser bei Irlands größter Gewerkschaft SIPTU arbeitet. Nur rund ein Viertel der Pol_innen hat bis Ende Juni einen Antrag auf eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung gestellt. Arkady Rzegocki, der polnische Botschafter in Großbritannien, hat seinen Landsleuten Mitte September einen Brief geschrieben und ihnen geraten, eine Rückkehr „ernsthaft in Betracht zu ziehen“. Der Lebensstandard in Polen habe sich verbessert und dies biete „eine sehr gute Gelegenheit, zurückzukommen“. In Polen fehlen Hunderttausende Arbeitskräfte. Auch das Schicksal der knapp 300.000 Brit_innen in Irland ist offen. Das Land ist nicht nur wegen der offenen Nordirland-Grenze besonders eng mit Großbritannien verflochten. Hier könnten sowohl Einheimische als auch Arbeitsmigrant_innen durch einen No Deal-Brexit ihre Jobs verlieren. Die drohenden Zölle auf irische Importe nach Großbritannien könnten viele Jobs im Agrar- und Lebensmittelsektor, in der Fleisch-, Milch- und Getreideerzeugung kosten. „Bislang hat die Regierung sich vor allem darüber Gedanken gemacht, wie sie betroffenen Unternehmen helfen kann, die Folgen eines No Deal-Brexits aufzufangen“, sagt der SIPTU-Gewerkschafter Barnaba Dora. Das reiche nicht. „Wir wollen, dass es auch Hilfen für betroffene Beschäftigte gibt.” SIPTU fordert einen Fonds und Umschulungsprogramme, damit Brexit-Betroffene leichter neue Beschäftigung innerhalb Irlands finden können.
Brexit-Monitor des Statistischen Bundesamtes: https://bit.ly/2kUDugy