
Corona: Migration auf „historischem Tiefstand“
Die Corona-Pandemie hat die globale Migration in historischem Ausmaß gebremst. Das schreibt die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in ihrem neuen Jahresbericht.
Demnach ist etwa die Zahl der erteilten neuen Visa in den 37 OECD Mitgliedsstaaten im ersten Halbjahr 2020 im Durchschnitt um 46 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum gesunken – in Deutschland 57 Prozent in Österreich 40 Prozent und in der Schweiz 31 Prozent. Im zweiten Quartal betrug der Rückgang OECD-weit sogar 72 Prozent. Der gegenwärtige wirtschaftliche Abschwung werde zudem „höchstwahrscheinlich auch die Auswirkungen auf die Arbeitsmigration verschärfen”, so die OECD. Die Organisation rechnet für das Jahr 2020 mit einem „historischen Tiefstand“ der weltweiten Mobilität. Die COVID-19-Pandemie habe einmal mehr gezeigt, welchen entscheidenden Beitrag Migrant_innen zum Funktionieren unserer Gesellschaften leisten, schreibt die OECD. „Wanderarbeitskräfte stehen an vorderster Front der COVID-19-Krise.” Im Gesundheitssektor machen sie 24 Prozent der Ärzte und 16 Prozent der Krankenschwestern aus. Im OECD-Schnitt stammt jedeR vierteR Ärzt_in aus dem Ausland – in Deutschland ist es etwa ein Fünftel, in Österreich ein Sechstel und in der Schweiz sogar fast die Hälfte. Migrant_innen seien auch im Bereich der häuslichen Dienstleistungen, der Reinigungsindustrie, der landwirtschaftlichen Saisonarbeit und des Transportsektors überrepräsentiert.
„Selbst als Reisen stark eingeschränkt wurden, erkannten die meisten Länder, dass sie für Migrant_innen in diesen Bereichen Ausnahmen machen mussten.“ Gleichwohl seien Migrant_innen den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie unverhältnismäßig stark ausgesetzt. Viele arbeiten in den am stärksten betroffenen Sektoren wie dem Hotel- und Gaststättengewerbe, oft mit Zeitarbeitsverträgen, von denen einige während der Krise ohne Verlängerung ausliefen. So betraf der Anstieg der Arbeitslosigkeit in Deutschland zu 34 Prozent Menschen mit ausländischer Staatsbürgerschaft, in Österreich waren es 41 Prozent in der Schweiz 46 Prozent. Ähnliche Tendenzen seien trotz vieler Programme zur Unterstützung des Arbeitsmarktes in den meisten europäischen Ländern zu beobachten, so die OECD. Studien aus mehreren OECD-Ländern zeigten zudem, dass Zugewanderte ein mindestens doppelt so hohes Infektionsrisiko wie im Inland Geborene haben.
OECD International Migration Outlook 2020: https://bit.ly/2UVlO2J