
Bald viele neue Deutsche
Ab 2015 nach Deutschland geflüchtete Syrer_innen zeigen ein wachsendes Interesse an einer Einbürgerung. Der Sachverständigenrat Migration (SVR) rechnet mit bis zu 157.000 Anträgen bis 2024. Die Behörden müssten auf diesen „Boom” vorbereitet sein, so das Gremium.
Viele, die einen deutschen Pass haben könnten, wollen ihn gar nicht haben. Das so genannte ausgeschöpfte Einbürgerungspotenzial dümpelt seit langer Zeit in einer Größenordnung von mageren zwei Prozent herum. 2020 ließen sich rund 110.000 Ausländer_innen einen deutschen Pass ausstellen. Die Zahl jener, die 10 Jahre oder länger in Deutschland leben und damit in der Regel alle Voraussetzungen für eine Einbürgerung erfüllen, liegt jedoch nach Behördenschätzungen bei etwa fünf Millionen. Vor allem EU-Bürger_innen behalten oft ihre mitgebrachte Staatsangehörigkeit.
Anders ist es bei den Syrer_innen. Rund 600.000 nach 2015 Geflüchtete leben heute in Deutschland. Bei ihnen lag das ausgeschöpfte Einbürgerungspotenzial 2020 bei rund 16 Prozent – der Spitzenwert unter allen Herkunftsländern. 6.700 ließen sich in jenem Jahr bundesweit einbürgern, eine Steigerung um 73,6 Prozent gegenüber dem Jahr 2019. Der Sachverständigenrat Migration rechnet mit einer erheblichen Steigerung. Das Einbürgerungsaufkommen der Syrer_innen wird sich „erheblich dynamisieren“, heißt es in einem neuen Bericht des Expert_innengremiums. Da weiterhin keine Rückkehrperspektive besteht und erste wichtige Integrationsschritte vollzogen seien, rückten Fragen der Niederlassung, der langfristigen Teilhabe und der Einbürgerung zunehmend in das Blickfeld von Politik und Gesellschaft. „Die Integration der Geflüchteten schreitet weiter voran, wie die Erfolge auf dem Arbeitsmarkt, beim Erwerb von Sprachkenntnissen und beim Aufbau sozialer Netzwerke zeigen“, so der SVR. Alle Szenarien ließen den Schluss zu, dass „erhebliche Steigerungsraten zu erwarten“ seien. Mit mindestens 22.000 Einbürgerungen sei pro Jahr zu rechnen, wahrscheinlich aber deutlich mehr. Die Politik sollte – nicht zuletzt vor dem Hintergrund weiterer Reformpläne im Einbürgerungsrecht – die Behörden zügig auf den zu erwartenden Einbürgerungsboom vorbereiten und sie insbesondere personell besser ausstatten, so der SVR.
Entnommen aus Forum Migration August 2022