
Ausbeutung auf dem Spargelfeld
Es ist nur ein Fall von vielen. Doch er zeigt, mit welchen Praktiken manche Agrarunternehmen migrantische Erntehelfer_innen ausbeuten: Nach Recherchen der vom DGB unterstützten Brandenburger Fachstelle Migration und gute Arbeit hat ein Spargelhof im Landkreis Potsdam-Mittelmark offenbar über 60 Studierende aus der Ukraine als angebliche Praktikanten angeheuert und ihnen für ihre Arbeit deutlich weniger als den gesetzlichen Mindestlohn gezahlt.
Über den Fall hatten zuerst der Sender RBB und die Märkische Allgemeine berichtet. Demnach waren die Studierenden offiziell über Vermittlungsagenturen in der Ukraine angeworben und für ein „studienfachbezogenes Praktikum“ nach Deutschland gebracht worden. Solche sind offiziell vom Mindestlohn von 9,19 Euro ausgenommen. Die Bundesagentur für Arbeit hatte dies genehmigt. Tatsächlich hatte der Spargelhof aber gar kein Praktikum angeboten. Stattdessen hätten die Studierenden zehn bis elf Stunden pro Tag Spargel gestochen. Nach Angaben des RBB bekamen die Studierenden 50 Cent pro Kilo geerntetem Spargel, was sich auf weniger als 6 Euro pro Stunde summiert habe. Der Spargelhof erklärte, der Betrag sei später auf den Mindestlohn aufgerundet worden. Nachdem der Betrug aufgeflogen war, sind die Studierenden wieder ausgereist. Magdalena Stawiana von der Fachstelle Migration und gute Arbeit nannte den Praktikanten-Trick einen „Türöffner, um billige Arbeitskräfte zu gewinnen“. Die Fachstelle hatte bereits 2018 solche vermeintlichen „studentischen Hilfskräfte“ angetroffen, damals aber nur vereinzelt. In diesem Jahr seien sie ihnen hingegen „massenhaft“ begegnet, so Stawiana.
Vor unlauteren Praktiken bei der Beschäftigung von Erntehelfer_innen hatte die IG BAU schon vor Beginn der Spargelsaison gewarnt. Betroffene würden berichten, dass sie „trotz ihrer Kenntnisse und der harten Arbeit” nicht korrekt behandelt würden, hieß es in einer Erklärung der Agrargewerkschaft vom April. Gewerkschafter_innen der „Initiative Faire Landarbeit“, der die IG BAU, Faire Mobilität, der Europäische Verein für Wanderarbeiterfragen e.V. und Beratungsstellen von Arbeit und Leben angehören, sind deshalb zu Feldbesuchen zu den Erntehelfer_innen gegangen. Die IG BAU hat deshalb Flyer für Erntehelfer_innen auf Polnisch, Kroatisch, Rumänisch, Bulgarisch, Ungarisch und auf Deutsch herausgegeben.
Flyer IG BAU: https://bit.ly/2Ynn7uH