
"Ankerzentren": 65 NGOs fordern Schließung
Im August 2018 eröffneten auf Initiative des Bundesinnenministeriums in mehreren Bundesländern die ersten so genannten „Ankerzentren”. Deren Ziel: Schnellere Asylverfahren und Abschiebungen. Doch die Nachteile, die die Zentren für Schutzsuchende mit sich bringen, wie Isolation, Entrechtung und Ausgrenzung, stehen „nicht im Verhältnis” zu den durchschnittlich nur unwesentlich schnelleren Asylverfahren, schreiben 65 Sozialverbände jetzt in einer gemeinsamen Erklärung – und fordern die Schließung der Zentren.
So dauere ein Asylverfahren in den „Ankerzentren“ durchschnittlich 77 statt sonst 82 Tage, obwohl die Asylverfahren in Ankerzentren priorisiert werden. Schutzsuchende verlören dort „wertvolle Zeit für die ersten Schritte der Inklusion“, so die AWO. Sie könnten kaum Kontakte nach außen knüpfen, dürfen neun Monate lang nicht arbeiten, haben nur beschränkte Möglichkeiten um sich zu bilden und würden durch die frühe Konfrontation mit der möglichen Rückkehr verunsichert. Die Isolation erschwere den Kontakt zu Ehrenamtlichen, Beratungsstellen und Rechtsanwält_innen. „Das Aufnahmeverfahren und die Bedingungen in den ‚Ankerzentren‘ verletzten damit die Würde und die Rechte der Menschen, insbesondere von Kindern und Jugendlichen und anderen besonders Schutzbedürftigen”, so die AWO. Zudem können Menschen, deren Asylgesuch abgelehnt wird, ihre Rechte zum Teil nur eingeschränkt wahrnehmen. Schließlich leide die Qualität der Asylverfahren. Oft seien die Unterkünfte sehr abgelegen, viele Kinder und Jugendliche würden in den Zentren nur ungenügend beschult. „Diese Massenquartiere zermürben die Menschen. Ich bin davon überzeugt, dass niemand, ohne Schaden zu nehmen, über Monate oder sogar Jahre in solchen Unterkünften leben kann“, sagt der Bevollmächtigte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland bei der Bundesrepublik Deutschland, Prälat Martin Dutzmann.
Entnommen aus Forum Migration September 2021