
Anerkennungs-News Dezember 2020
Anwerbung von Pflegekräften: „Moderne Schuldknechtschaft”
Kliniken in Deutschland zwingen ausländische Pflegekräfte dazu, fünfstellige Anwerbekosten zu erstatten, wenn sie in einen anderen Betrieb wechseln. Das berichtet das Recherchezentrum Correctiv. Dabei geht es unter anderem um Kopfprämien von bis zu 15.000 Euro. Diese Summen zahlen einige Kliniken mittlerweile an Vermittler, die ihnen ausgebildetes Fachpersonal aus dem Ausland beschaffen.
Doch wenn die Pflegekräfte den Arbeitgeber wechseln wollen, müssen sie die Kosten ihrer Anwerbung erstatten. „Ihre Zeit in Deutschland beginnt also mit einer Schuld, die sie abtragen müssen”, schreibt Correctiv. Verträge, die Correctiv einsehen konnte, binden die Pflegekräfte dabei bis zu fünf Jahre an die Klinik. Christiane Brors, Professorin für Bürgerliches Recht und Arbeitsrecht an der Universität Oldenburg sprach von „moderner Schuldknechtschaft”. „Wir kennen das und halten das in Teilen für illegal“, sagt Michael Dehmlow vom ver.di-Fachbereich Gesundheit und Soziales. Arbeitgeber könnten allenfalls Kosten für Fort- und Weiterbildungen zurückverlangen, wenn ein_e Beschäftige_r vorzeitig kündigt. Vermittlungsgebühren zurückzuverlangen schränke das Recht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes ein. „Das ist nicht in Ordnung. Wir raten allen Betroffenen dazu, sich dagegen zu wehren und jeden Einzelfall juristisch prüfen zu lassen“, sagt Dehmlow. „Wir helfen dabei.“
ver.di-Studie zur erfolgreichen betriebliche Integration von Pflegefachkräften aus dem Ausland (2019): https://bit.ly/2JfMfgX
Die komplette „Correctiv”’-Recherche „Nurses for Sale” steht hier: https://bit.ly/3l8Zeye
Beratungsstellen z.B.: Faire Mobilität www.faire-mobilitaet.de oder www.faire-integration.de
Bertelsmann: Neuer Report zu Global Skills Partnerships
Der 2018 verabschiedete Globale Migrationspakt der UN nennt globale Kompetenzpartnerschaften („Global Skills Partnerships”/GSP) als Möglichkeit, die Fachkräftebasis global zu stärken. In Deutschland läuft das Modell unter dem Schlagwort „transnationale Ausbildungspartnerschaften“. Die Bertelsmann-Stiftung hat nun existierende Ausbildungspartnerschaften unter anderem mit der Republik Kosovo untersucht.
Bertelsmann-Report „Transnationale Qualifizierungs- und Mobilitätspartnerschaften“: https://bit.ly/362O21H