
60 Jahre Anwerbeabkommen Türkei
Am 30. Oktober 1961 wurde das Anwerbeabkommen zwischen Deutschland und der Türkei geschlossen. Ford in Köln warb als erstes Unternehmen in Deutschland türkische Beschäftigte an, 1972 gab es hier den ersten türkischen Betriebsrat. Die Türkische Gemeinde zieht eine durchwachsene Bilanz der seither vergangenen Jahrzehnte.
Weder damals noch heute werde „die Leistung der ersten Generation“ türkischstämmiger Menschen wirklich wertgeschätzt, sagte der Bundesvorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Gökay Sofuoglu, vor einem Festakt zu dem Anwerbeabkommen dem Bayerischen Rundfunk. Vor 60 Jahren sei nicht daran gedacht worden, die türkischen Arbeiter_innen in Deutschland zu integrieren. Die Defizite bei der Integration der nach Deutschland gekommenen Menschen wirkten sich bis heute aus. Der Enkelgeneration der damaligen „Gastarbeiter“ riet Sofuoglu, sich verstärkt auch auf kommunaler Ebene zu engagieren. Der Grünen-Politiker Cem Özdemir sagte der Augsburger Allgemeinen, Deutschlands Geschichte als Einwanderungsland sei auch „ein Auftrag, dafür Sorge zu tragen, dass alle gleiche Chancen auf Bildung und ein gutes Leben bekommen, egal wie der Nachname klingt“. Da liege „noch ein weiter Weg vor uns“, so Özdemir, dessen Eltern Anfang der 1960er-Jahre aus der Türkei nach Deutschland gekommen waren. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier prangerte anlässlich des Jahrestags den anhaltenden „Alltagsrassismus“ an. Auch Menschen aus türkischstämmigen Familien der zweiten, dritten oder vierten Generation erhielten bei der Wohnungssuche oder Bewerbungsgesprächen aufgrund von Vorurteilen und Ressentiments häufig noch Absagen, sagte Steinmeier. „Das dürfen wir und das werden wir in diesem Land nicht dulden.“ Er forderte „einen angemessenen Raum in unseren Schulbüchern und in unserer Erinnerungskultur“. Eine Randnotiz werde ihrem Beitrag für das Land nicht gerecht.
Zuvor hatte es bereits ähnliche Abkommen mit Italien, Spanien und Griechenland über die Entsendung so genannter Gastarbeiter gegeben, später folgten fünf weitere Staaten. Insgesamt kamen von 1955 bis 1973 etwa 14 Millionen Gastarbeiter in die Bundesrepublik, 11 bis 12 Millionen kehrten in ihre Heimatländer zurück.
Entnommen aus Forum Migration November 2021